Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) vertritt den Ansatz, dass die Organe nicht von den Gefühlen getrennt sind, genauso wenig wie der Geist nicht abgekoppelt ist von den körperlichen Vorgängen und der Mensch nicht isoliert von seiner Umwelt betrachtet werden kann. Kurt Langbein erläutert: „Alles steht mit allem in Verbindung und befindet sich in einem ständigen Prozess der Veränderung.“ Paradoxerweise existieren aber seelische Krankheiten im Sinne der westlichen Psychotherapie nach traditioneller, chinesischer Auffassung nicht. Das hat sicherlich mit der Gesellschaftsform des Landes zu tun. Denn es gilt: „Die Einordnung in die gegebene gesellschaftliche Ordnung gilt als erster notwendiger Schritt, um wieder gesund zu werden. Kurt Langbein studierte in Wien Soziologie und ist seit 1992 geschäftsführender Gesellschafter der Produktionsfirma Langbein & Partner Media. Er ist unter anderem Autor des Bestsellers „Bittere Pillen“. Sein neuestes Werk heißt „Weissbuch Heilung“ und ist im Ecowin Verlag erschienen.
Die westliche Medizin hat viele Nebenwirkungen
Die traditionellen Ärzte, von denen es im modernen China nur noch wenige gibt, leben selbst nach den Maximen der Balance. Sie bereiten sich zum Beispiel mit Tai-Chi, der meditativen Übung zur Körperbeherrschung, auf den Tag vor. Jeder macht andere konzentrierte, ruhige Übungen, die er im Training als zu ihm passend gefunden hat. Außerdem stellen sie Kräutermischungen her und rösten Steine bei konstanten Temperaturen, um die gewünschten Mineralien zu lösen. Ein traditioneller Arzt erzählt: „Manchen Leuten finden die Kräutermischungen in der Anwendung kompliziert und schlucken lieber westliche Medikamente.“
Dabei übersehen sie allerdings, dass die westliche Medizin viele Nebenwirkungen hat. Die Traditionelle Chinesische Medizin führt im modernen China nur noch ein Schattendasein. Die meisten Chinesen, vor allem in den Städten, schwören inzwischen auf die westliche Schulmedizin. Kurt Langebein erklärt: „Die alte chinesische Gesundheitslehre ist wesentlich umfassender als das, was uns heute in Europa als Traditionelle Chinesische Medizin begegnet. In China war es die Aufgabe eines guten Arztes, die Menschen in seiner Gemeinde gesund zu erhalten.“
Bei einer Krankheit ist das innere Gleichgewicht gestört
Die chinesische Medizin ist in diesem Sinne eher eine vorsorgende Lehre vom guten Lebensstil, die über eine Vielzahl von Techniken und Ratschlägen verfügt, um diesem Ziel möglichst nahe zu kommen. Dazu zählen regelmäßige Körperübungen ebenso wie Massagetechniken, Entspannungs- und Atemübungen. Daneben wird großer Wert auf eine ausgewogene Ernährung gelegt und es werden gewisse Regeln für das Leben im Rhythmus der Natur beachtet. Dazu kommt Feng Shui, eine ausgefeilte Gesellschaftslehre, in der es um die bestmögliche Erfüllung der materiellen und seelischen Bedürfnisse geht.
Die traditionellen chinesischen Ärzte konstatierten beim Kranken immer eine Störung des inneren Gleichgewichts und der Kräfteströme. Therapeutisch eingreifen bedeutet für sie ordnend eingreifen. Kurt Langbein fügt hinzu: „Die fundierte Überzeugung ist: Die positive Gestaltung der Lebensumstände, eine den Jahreszeiten, aber auch dem Menschentyp angepasste Ernährung und Kleidung, ein ausgewogenes Sexualverhalten und eine Balance von Ruhe und Bewegung können den Ausbruch von Krankheiten verhindern.“
Von Hans Klumbies