Peter Bieri macht sich Gedanken über einen würdigen Tod

Wenn ein Mensch stirbt, geschehen zwei Dinge. Erstens kommen die körperlichen Lebensfunktionen zum Stillstand, zweitens erlischt die Person als Zentrum des Erlebens. Peter Bieri stellt sich die Frage, was es bedeutet, dafür zu sorgen, dass sich dieses doppelte Geschehen in einer würdevollen Art und Weise vollzieht. Zudem beschäftigt er sich mit zwei weiteren Fragen: „Was können die anderen zur Würde des Sterbenden beitragen, und was kann jemand selbst tun, damit sein Sterben in Einklang mit seiner Vorstellung von Würde steht?“ Die Würde eines Menschen ist für Peter Bieri zuerst einmal seine Selbstständigkeit als Subjekt, und damit seine Fähigkeit, über sein Leben selbst zu bestimmen. Peter Bieri, geboren 1944 in Bern, studierte Philosophie und Klassische Philologie und lehrte als Professor für Philosophie in Bielefeld, Marburg und an der Freien Universität Berlin.

Jeder Mensch hat Anspruch auf seinen eigenen individuellen Tod

Sterben ist für Peter Bieri das Geschehen, in dessen Verlauf die Selbstständigkeit verlorengeht. Deshalb ist es ratsam, frühzeitig noch im Besitz der vollen Selbstständigkeit darüber zu entscheiden, wie der Verlust der Selbstständigkeit eines Tages aussehen soll und in welchen Bahnen er verlaufen soll. Peter Bieri erklärt: „Es geht um das, was wir einen natürlichen Tod nennen: kein Tod durch Unfall oder durch eine Gewalttat, wo die Plötzlichkeit des Sterbens der Frage nach seiner Würde zuvorkommt.“

Der Prozess des Sterbens ist die letzte Episode eines Lebens, eines ganz bestimmten, individuellen Lebens. Es gehört hier für Peter Bieri zur Idee der Würde, dass dieser Abschnitt zu dem Leben, das er abschließt, passen sollte. Jeder sollte seiner Meinung nach sein individuelles Sterben haben, seinen eigenen Tod. Es gibt gute Gründe, gute medizinische Gründe, warum jemand im Krankenhaus stirbt. Die Apparatemedizin vermindert sein Leid. So betrachtet ist es scheinbar richtig.

Zu einem würdigen Sterben gehört immer der Abschied von seinen Liebsten

Doch manchen Menschen kommt es vor, als sei das Sterben im Krankenhaus in einem anderen Sinn nicht richtig. Darin nämlich, dass er dort nicht in der Umgebung und mit all den Sachen sterben kann, die die Welt seines Lebens ausgemacht haben: Bücher, Geschirr, Andenken und viele andere Kleinigkeiten. Peter Bieri ergänzt: „Man kann auch denken: Es geht nicht, dass ein Mensch in einem uniformen grauweißen Zimmer sterben muss, das ihm fremd ist und ihn am Ende des Lebens von sich selbst entfremdet. Es geht aus Gründen der Würde nicht.“

Und selbstverständlich hat der eigene Tod nicht nur mit der eigenen Umgebung zu tun. Er hat auch mit den Menschen zu tun, die einem am nächsten standen, diejenigen, die einen geprägt und die Melodie seines Lebens mitbestimmt haben. Es kann sein, dass man sie dabei haben möchte, wenn es zu Ende geht. Es kann auch sein, dass jemand in den letzten Stunden mit sich allein sein möchte. In jedem Fall gehört für Peter Bieri zu einem würdigen Sterben, dass man sich von denen verabschieden kann, ohne die das eigene Leben anderes gewesen wäre.

Von Hans Klumbies

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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