Im 18. Jahrhundert behaupteten einige Menschen mit Bestimmtheit, dass ihre Welt die beste aller möglichen sei. Der englische Dichter Alexander Pope (1688 – 1744) schrieb: „Was auch immer ist, ist richtig.“ Das heißt: Alles auf der Welt ist aus einem bestimmten Grund so, wie es ist. Nigel Warburton erklärt: „Es ist alles Gottes Werk, und Gott ist gütig und allmächtig. Selbst wenn die Dinge schlecht zu laufen scheinen, sind sie es nicht.“ Selbst Krankheiten und Umweltkatastrophen gehören nach dieser Ansicht zu Gottes Plan. Der Fehler der meisten Menschen besteht einzig und allein darin, das Augenmerk nur auf einzelne Details zu richten, statt das große Ganze zu sehen. Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.
Für alles muss es eine logische Erklärung geben
Alexander Pope war nicht der einzige, der diesen Optimismus vertrat. Der deutsche Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 – 1716) bediente sich seines „Satzes vom zureichenden Grund“, um zur selben Schlussfolgerung zu gelangen. Er ging davon aus, dass es für alles eine logische Erklärung geben muss. Nichts konnte dem Zufall überlassen bleiben. Gott schuf seiner Meinung nach aber nicht eine in jeder Hinsicht vollkommene Welt, denn das hätte aus der Welt selbst einen Gott gemacht, da Gott die Vollkommenheit schlechthin ist.
Aber Gott hat laut Gottfried Wilhelm Leibniz zumindest die beste aller möglichen Welten geschaffen, eine Welt mit dem geringsten Anteil an Bösem, das nötig war, um dieses Ergebnis zu erzielen. Der große französische Aufklärer Voltaire (1694 – 1778) sah die Dinge anders. Die Ansichten eines Gottfried Wilhelm Leibniz stellten in nicht zufrieden. Nigel Warburton erläutert: „Er misstraute zutiefst den philosophischen Systemen und jenen Denkern, die meinen, alle Antworten zu kennen.“ Voltaire war in ganz Europa wegen seiner unverblümten Sprache bekannt.
Voltaires Bücher wurden öffentlich verbrannt
Voltaire war nicht nur ein Meister der Rhetorik, sondern auch ein Verfechter der religiösen Toleranz und der Meinungsfreiheit. Zum Beispiel soll Voltaire gesagt haben: „Ich verabscheue, was du sagst, werde aber dein Recht, es zu sagen, bis aufs Blut verteidigen.“ Unter Meinungsfreiheit verstand Voltaire also, dass sogar Ansichten, die man für falsch hält, es verdienen, angehört zu werden. Doch im Europa des 18. Jahrhunderts herrschte eine strenge Zensur, die kontrollierte, war veröffentlicht werden konnte und was nicht.
Nigel Warburton erklärt: „Viele von Voltaires Stücken und Büchern wurden zensiert und öffentlich verbrannt. Er wurde sogar in die Bastille in Paris eingekerkert, weil er einen einflussreichen Aristokraten beleidigt hatte.“ Aber keine Strafe konnte Voltaire davon abhalten, die Vorurteile und das Unrecht anzuprangern. Heutzutage ist Voltaire vor allem als Verfasser des Romans „Candide“ (1759) bekannt. In diesem kurzen philosophisch-satirischen Roman setzt er sich kritisch mit dem Optimismus auseinander, den Alexander Pope und Gottfried Wilhelm Leibniz in ihren Schriften postuliert hatten. Quelle: „Die kürzeste Geschichte der Philosophie“ von Nigel Warburton
Von Hans Klumbies