Der geniale griechische Philosoph Aristoteles definiert die Liebe wie folgt: „Lieben bedeutet einem anderen alles wünschen, was man für gut hält, und zwar um jenes anderen, nicht um seiner selbst willen.“ Jemanden lieben ist für Josef Pieper, schon seiner Natur nach, ein spontaner Akt, bei dem, sofern man ihn nicht einfach frei nennen will, jedenfalls die Freiheit mit im Spiel ist. Das ist übrigens mit ein Grund dafür, dass die Liebe auf besondere Weise undurchschaubar und dem Geheimnis benachbart und verwandt ist. Dabei existiert allerdings einer unerlässliche Vorbedingung: der Mensch muss erkannt haben, dass jemand glaubwürdig und liebenswert ist. Man muss es erfahren und gesehen haben, dass wirklich der andere wie auch sein Dasein in der Welt etwas Gutes und Wunderbares ist, bevor der Willensimpuls möglich wird: Gut, dass es dich gibt! Josef Pieper war ein deutscher Philosoph, der von 1904 bis 1997 lebte.
Es gibt zwei Formen der Eifersucht
Liebe ist immer Bevorzugung. Geliebt werden heißt: als Ausnahmefall behandelt werden. Sigmund Freud hat dazu seine eigene Meinung: „Eine Liebe, die nicht auswählt, scheint uns einen Teil ihres eigenen Werts einzubüßen, indem sie an dem Objekt ein Unrecht tut.“ Johann Wolfgang von Goethe sagt: „Ein Herz, das Einen liebt, kann keinen Menschen hassen.“ Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass gerade die Liebe den Hass erst möglich macht – denn wer nicht liebt, kann gar nicht hassen.
Josef Pieper meint damit den Hass gegen alles, was die zu verderben droht, die man liebt. Es ist dieser Hass, den die Liebe geradezu erzwingt. Auch das Thema Eifersucht liegt nicht weit davon entfernt. Dabei sollte man bedenken, dass es zwei Formen der Eifersucht gibt. Josef Pieper erklärt: „Eine Sache ist die Eifersucht des Begehrenden, der etwas oder jemanden für sich besitzen will, aber dieses Besitzes nicht sicher ist; und solche Eifersucht verneint in der Tat den Gedanken an irgendwelche Universalität der Liebe.“
Agape meint eine im absoluten Sinn selbstlose Liebe
Eine ganz andere Sache ist es aber, für jemanden eifersüchtig zu sein. Dies ist dann die verzehrende, zornige, unversöhnliche Feindschaft gegen alles, was das Geliebte antasten könnte. Beziehungen, die auf der wechselseitigen Bewunderung von Qualitäten aufgebaut sind, enden in Desillusionierung und oft in Verbitterung. Wenn eine Liebe in dem Augenblick endet, da auf Seiten des Partners bestimmte Qualitäten wie beispielsweise Schönheit, Jungsein oder Erfolg verschwinden, dann hat sie schon von Anfang an nie existiert.
Ein amerikanischer Versuch, die Vielzahl der Liebes-Theorien überschaubar zu machen, gelangt zu folgendem Zwischenergebnis: die Deutung der Liebe folgt aus der Deutung der menschlichen Natur. Die radikalste und zugleich ideengeschichtlich anspruchsvollste Formulierung der These von „Eros und Agape“ hat der schwedische Theologe Anders Nygren niedergeschrieben: „Agape, die originale Grundkonzeption des Christentums, das christliche Grundmotiv vor allen anderen, besagt vor allem eine fast im absoluten Sinn selbstlose Liebe, die sich hingibt, statt sich zu behaupten, und die nicht das Leben gewinnen will, sondern wagt, es zu verlieren.“
Von Hans Klumbies