Rechtspopulisten stehen der Globalisierung feindlich gegenüber

Die AfD ist im Jahr 2020 in Deutschland die konsequenteste – und einzige – Partei, die der Globalisierung feindlich gegenübersteht. Herbert Renz-Polster fügt hinzu: „Und blickt man auf die Wirtschaftspolitik der neuen Rechten in den USA, so zeigen sich die Rechtspopulisten sogar als die einzigen erfolgreichen Globalisierungsgegner.“ Globalisierung und Rechtspopulismus, da scheint Feuer auf Wasser zu treffen. Der erste Grund dafür dürfte ein offensichtlicher sein: Der grenzüberschreitende Austausch von Ideen, Waren, Kapital und Dienstleistungen passt einfach nicht zu dem identitären Rückzugsprogramm der Rechtspopulisten – da hat man dann doch eher die eigene Volksgemeinschaft im Blick als den Abbau von Barrieren, die den weltweiten Handel behindern. Der Kinderarzt Dr. Herbert Renz-Polster hat die deutsche Erziehungsdebatte in den letzten Jahren wie kaum ein anderer geprägt.

Die Industriemoderne löst sich auf

Das ist aber längst nicht alles. Denn mit dem Welthandel und den ihn begleitenden gesellschaftlichen Änderungen werden nicht nur die äußeren Verhältnisse neu geordnet. Vielmehr wird dabei auch die Innenwelt der Menschen neu sortiert und ganz existenzielle Themen neu verhandelt. Beispielsweise die Themen Anerkennung und Sicherheit. Jede Form der Modernisierung verändert die Landkarte der Anerkennung einer Gesellschaft. Mit der Hyperglobalisierung der 1990er Jahre nimmt die Gesellschaft auch in der Mitte neue Formen an.

Unter der noch nie dagewesenen Schubkraft von Kapital und Innovation verzieht sich der Rahmen von Oben und Unten. In den OECD-Ländern geht bald die Hälfte aller Einkommensgewinne an die reichsten fünf Prozent der Bevölkerung, in den USA sind es sogar achtzig Prozent. Die ehemalige Industriemoderne mit ihren Arbeitermilieus, Wohnvierteln und Traditionen löst sich auf. Nach unten öffnet sich jetzt für Leiharbeiter und das neue Serviceproletariat die Rutsche ins „transnationale Unten“.

Die Parteienlandschaft zerfällt

Die materiale Ungleichheit verfestigt sich aber auch in sozialer Hinsicht. Herbert Renz-Polster erläutert: „Ohne Vermögen, einer Erbschaft oder einer günstigen sozialen Position im Rücken ist der Weg nach oben für die heutige junge Generation eindeutig steiler als für deren Eltern und Großeltern.“ Das Versprechen des Aufstiegs, das die Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg einmal motiviert und zusammengehalten hat, verliert an Bindungskraft. Gerade die Mitte der Gesellschaft ist bald kaum mehr wiederzuerkennen.

Sie ist zu einer Ansammlung sozialer Zonen geworden, die in sehr unterschiedlichem Maß von der Globalisierung und Technisierung profitieren. Ein Spiegelbild davon ist die veränderte Parteienlandschaft, die nun auch in Zellen und Bewegungen zerfällt. Wer die neuen globalen Märkte bespielt, wird groß und sichtbar. Die anderen verblassen. Auf den neuen Logenplätzen sitzen jetzt die Investoren, die Vermögenden, die digitale Avantgarde, die neue Managerelite, die Kreativen und die flexiblen Arbeitsnomaden. Quelle: „Erziehung prägt Gesinnung“ von Herbert Renz-Polster

Von Hans Klumbies