Francis Bacon macht sich philosophische Gedanken über den Neid

Für Francis Bacon können keine den Menschen bekannten Empfindungen so stark bezaubern und verzaubern wie die Liebe und der Neid. Er schreibt: „Sie beide führen zu heftigem Verlangen, sie regen die Phantasie und Einbildung an, und sie fallen leicht ins Auge, besonders wenn der Gegenstand der Empfindung in der Nähe ist. Dies sind die Merkmale, die auf eine Bezauberung hindeuten, wenn es denn so etwas überhaupt gibt.“ Francis Bacon weist auf die Heilige Schrift hin, in der Neid als böser Blick bezeichnet wird. Das deutet seiner Meinung darauf hin, dass beim Neid etwas aus dem Auge austritt oder von ihm abstrahlt. Der englische Philosoph und Staatsmann Francis Bacon, der von 1561 bis 1626 lebte, trug mit seinen Schriften maßgeblich zur Begründung des Empirismus bei.

Der Neid ist eine herumstreifende Leidenschaft

Ein Mensch, der selbst keine Tugenden vorweisen kann, beneidet laut Francis Bacon die Tugenden der anderen, denn der Geist eines Menschen nährt sich entweder an seinem eigenen Guten oder am fremden Bösen. Und wer das eine nicht besitzt, jagt seiner Meinung nach dem anderen nach. Francis Bacon ergänzt: „Und wer keine Hoffnung hat, an die Tugend eines anderen heranzureichen, wird versuchen, sich ihm anzugleichen, indem er das Glück des anderen mindert.“

Ein umtriebiger und neugieriger Mensch ist laut Francis Bacon in der Regel auch neidisch. Es kann vermutet werden, dass es ihm ein spielerisches Vergnügen bereitet, das Schicksal der anderen zu betrachten. Dagegen wird derjenige, der sich nur um seine eigenen Angelegenheiten kümmert, nicht viel Anlass für Neid finden. Francis Bacon erklärt: „Der Neid ist nämlich eine herumstreifende Leidenschaft; sie schlendert durch die Straßen und bleibt nicht zu Hause.“

Die niederträchtigste und verdorbenste Regung ist der Neid

Francis Bacon vertritt die These, dass Menschen von hoher Geburt neidisch auf solche sind, die in der gesellschaftlichen Hierarchie aufgestiegen sind, denn dadurch wird der Abstand zu ihnen verkürzt. Diejenigen Menschen , die entweder aus Leichtsinn oder aus Prahlerei auf zu vielen Gebieten glänzen wollen, sind seiner Meinung nach ebenfalls stets neidisch, denn ihnen mangelt es nie an der Gelegenheit dazu, da es immer etliche geben wird, die sie auf manchem dieser Gebiete übertreffen.

Im Hinblick auf das Gefühl des Neides möchte Francis Bacon noch hinzufügen, dass es von allen Gefühlen das heftigste und beständigste ist, denn für die anderen Gefühle gibt es nur hin und wieder einen Grund. Der Neid findet immer das eine oder andere, worauf er sich richten kann. Francis Bacon ergänzt: „Es heißt auch, dass Liebe und Hass einen Menschen verzehren, während andere Gefühlsregungen dies nicht tun, weil sie nicht so anhaltend sind. Überdies ist der Neid die niederträchtigste und verdorbenste Regung, weswegen er eine passende Eigenschaft des Teufels ist, der der Neider genannt wird, der des Nachts säte Unkraut mitten unter den Weizen.“

Von Hans Klumbies