Francis Bacon philosophiert über Sekten und Kriege

Die größte Unbeständigkeit in der menschlichen Gesellschaft ist für den englischen Philosophen und Staatsmann Francis Bacon, der von 1561 bis 1626 lebte, die andauernde Abfolge der Sekten und Religionen, da seiner Meinung nach diese Gestirne den Geist des Menschen am stärksten beherrschen. Francis Bacon nennt die Gründe, die zur Entstehung einer neuen Sekte führen: „Wenn die bisher allgemein anerkannte Religion von Zwietracht zerrissen wird, wenn die Heiligkeit der Priester dieser Religion abnimmt und zum öffentlichen Ärgernis wird, und wenn überdies eine Zeit der Dummheit, Unwissenheit und Barbarei herrscht, darf man das Entstehen einer neuen Sekte erwarten, vor allem dann, wenn ein überspannter und seltsamer Geist auftritt, der sich zum Gründer der Sekte macht.“

Die drei Möglichkeiten der Gründung einer Sekte

All dies traf laut Francis Bacon zu, als Mohammed sein Gesetz verkündete. Der englische Philosoph ist davon überzeugt, dass sich eine neue Sekte nur dann ausbreiten wird, wenn sie über zwei wesentliche Eigenschaften verfügt. Francis Bacon erklärt: „Die eine Eigenschaft ist die Verdrängung der althergebrachten Autorität oder der Widerstand gegen sie, denn nichts ist populärer als das. Die andere Eigenschaft ist die Erlaubnis von Vergnügungen und einem wollüstigen Leben.“

Gemäß Francis Bacon gibt es drei Arten, eine Sekte zu gründen: erstens durch die Macht der Zeichen und Wunder, zweitens durch überzeugende und weise Beredsamkeit und drittens durch das Schwert. Das Märtyrertum zählt Francis Bacon zu den Wundern, denn es scheint seiner Meinung nach die Stärke der menschlichen Natur zu übersteigen, wie es auch bei einem überragend und bewundernswert heiligen Leben der Fall ist. Um den Aufstieg neuer Sekten und Kirchenspaltungen zu verhindern, rät Francis Bacon zum Abstellen von Missbräuchen, dem Beilegen von kleineren Streitigkeiten und dem Unschädlichmachen der Hauptgründer, indem man sie für sich gewinnt und fördert, statt sie durch Gewalt und Verbitterung zu erzürnen.

Die drei wichtigsten Unbeständigkeiten des Kriegs

Auch im Krieg gibt es viele Veränderungen und Unbeständigkeiten. Francis Bacon nennt die drei wichtigsten: erstens Wechsel des Kriegsortes, zweitens der Waffen und drittens der Art der Kriegsführung. Francis Bacon glaubt auch die Ursache erkannt zu haben, wann mit ziemlicher Sicherheit mit dem Ausbruch eines Krieges zu rechnen ist: „Nach dem Beben und Zusammenbrechen eines großen Staates oder Reiches kann man sicher sein, dass Kriege folgen werden. Denn solange große Reiche Bestand haben, untergraben und vernichten sie die Kräfte der Eingeborenen, wobei sie sich ganz auf ihre eigene Schutzmacht verlassen, aber wenn diese auch versagt, bricht alles zusammen, und sie werden die Beute der anderen.“

Wenn ein kriegerischer Staat sanftmütig wird und verweichlicht, kann er laut Francis Bacon sicher sein, dass bald Krieg gegen ihn geführt wird. Er schreibt: „Denn für gewöhnlich häufen solche Staaten während ihres Niedergangs große Reichtümer an und versprechen daher große Beute, und der Niedergang ihres Heldenmutes ermuntert die anderen zum Krieg.“ Alles im allen aber ist es seiner Meinung nach nicht gut, wenn der Mensch zu lange auf diese sich drehenden Räder der Unbeständigkeit schaut, da er sonst vom Schwindel ergriffen würde.

Von Hans Klumbies