Die Technik ist ein großer Wachstumsfaktor

Zwei Lager stehen sich bei der Debatte über die Zukunft der Arbeit gegenüber, deren Prognosen gegensätzlicher nicht sein könnten. Richard David Precht erläutert: „Die einen sehen Zeiten der Vollbeschäftigung voraus. Hat nicht der technische Fortschritt immer die Produktivität erhöht und die Anzahl der Arbeitenden?“ Sie können dabei auf den amerikanischen Nobelpreisträger Robert Solow verweisen. Seiner Meinung nach hat der technische Fortschritt stets eine gewaltige Steigerung der Produktivität ermöglicht. Nicht Arbeit und Kapital, sondern vielmehr die Technik sei der entscheidende Wachstumsfaktor. Auf der anderen Seite sagte der britische Ökonom John Maynard Keynes im Jahr 1933 voraus, der Fortschritt in den Industrieländern würde zu einer Massenarbeitslosigkeit führen. Der Philosoph, Publizist und Bestsellerautor Richard David Precht zählt zu den profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.

Roboter ersetzen Ausbildungsberufe

Und 1995 verhieß der amerikanische Soziologe und Ökonom Jeremy Rifkin „das Ende der Arbeit“, das immer noch auf sich warten lässt. Dampfmaschine, Spinnmaschine, Elektrifizierung und Elektronik – nie wurde die Arbeit langfristig weniger, sondern immer wurde sie mehr. Der optimistische Zukunftsfreund lässt sich heute von Nüchternheit beseelen und misstraut den Propheten. Visionen hält er für überflüssig, weil man beim Thema Zukunft ohnehin nie aktuell sein kann und niemand eine Glaskugel hat.

So gibt man sich dem Lauf der Welt unhinterfragt hin, spottet über die Vordenker von übermorgen und glaubt an nichts außer an die vielen kleinen Fakten, Zahlen und Kurven, die der technische Fortschritt täglich schafft. Aber eines ist auch klar: Was früher Ausbildungsberufe waren, erledigen in Zukunft Roboter. Und vieles, was ehedem Fachkräfte machten, erledigen die Kunden an ihren Flachbildschirmen selbst. Die Entwicklung zum „Prosumenten“, zum produzierenden Konsumenten, ist älter als die Digitalisierung.

Der Siegeszug der Automaten scheint unaufhaltsam

Richard David Precht stellt fest: „Und der Plattform-Kapitalismus kann mit allem handeln: mit Gegenständen, Übernachtungen, Kommunikation, Verkehr, Energie, Finanztransaktionen, Ernährung, Lebensberatung, Partnersuche und Bespaßung – und all das ohne Fachpersonal. Der Siegeszug der „Automaten“, von Oscar Wilde erträumt, scheint unaufhaltsam.“ Die Niedriglohnjobs der digitalen Revolution dürften vielleicht noch ein bis zwei Jahrzehnte bestehen – doch auch ihre Zeit läuft ab. Als Berufe der Zukunft dagegen gelten heute Informatiker und Techniker.

Derzeit sind sie heiß begehrt und werden von den Firmen händeringend gesucht. Wer der deutschen Wirtschaft Mut machen will, sieht Heerscharen von IT-Experten heraufziehen und Deutschland in die Vollbeschäftigung führen. Doch auch hier lohnt sich der genaue Blick. Beileibe nicht jeder besitzt für solche anspruchsvollen und spezialisierten Tätigkeiten die Befähigung, und die Studienabbruchquote in der Informatik ist enorm. Des Weiteren werden langfristig nicht flächendeckend Informatiker gesucht, sondern nur die besten. Quelle: „Jäger, Hirten, Kritiker“ von Richard David Precht

Von Hans Klumbies