Autonomie beruht auf Grundfreiheiten

Der Schutz politischer Freiheit verlangt nicht bloß die Gewährung des Rechts zu wählen, ein Amt zu bekleiden oder als Geschworener zu fungieren. Dazu gehören auch Vereinigungsfreiheit und freie Meinungsäußerung, die politische Partizipation erst möglich machen. Danielle Allen erklärt: „Letztere Rechte bilden natürlich auch eine wertvolle Grundlage für die Äußerungen von privater und nicht bloß von öffentlicher Autonomie.“ Die Dynamik des Sozialen und Ökonomischen darf dabei die gleichen Grundfreiheiten, einschließlich der politischen Freiheiten, nicht untergraben. In Bezug auf diesen Punkt setzt sich Danielle Allen ganz entschieden von John Rawls ab. Dieser behauptet immerhin, dass die Grundfreiheiten, auf denen private Autonomie beruht, niemals dem materiellen Wohlstand geopfert werden dürfe. Die Politikwissenschaftlerin und Altphilologin Danielle Allen lehrt als Professorin an der Harvard University. Zugleich ist sie Direktorin des Edmond J. Safra Center for Ethics in Harvard.

Beide Arten der Freiheit muss man aufeinander abstimmen

Zusätzlich erklärt John Rawls, dass es unter bestimmten Umständen für jemanden vernünftig sein kann, zumindest vorübergehend auf seine politischen Freiheiten zu verzichten, um zu materiellem Wohlstand zu gelangen. Die Argumentation von Danielle Allen dagegen gewichtet die alten und die modernen Freiheiten wirklich gleich. Für sie ist es zugleich unzulässig, dass sich in der Welt des Sozialen und Ökonomischen eine Dynamik entwickelt, welchen die politischen Freiheiten beziehungsweise die politische Gleichheit außer Kraft setzt. Denn auf ihnen beruht die private Autonomie.

Danielle Allen fordert ein strenges Prüfsystem dafür, ob der Schutz der negativen Freiheiten der Modernen mit dem gleichzeitigen Schutz der positiven Freiheit der Alten vereinbar ist. Dies sollte es erlauben, die beiden Arten der Freiheit im Laufe der Zeit aufeinander abzustimmen. Dieser Punkt stellt die größte Herausforderung dar. Weil genau der Typus von Rechtsschutz, der den Kern des Schutzes gleicher Grundrechte bildet, Formen sozialer und ökologischer Differenz erzeugt.

Herrschaft unterhöhlt den Weg zu politischer Gleichheit

Diese entwickeln sich in einer konkreten Gesellschaft häufig zu Quellen von Herrschaft. Diese unterhöhlen letzten Endes den Weg zu politischer Gleichheit. In einer segregierten Gesellschaft wird beispielsweise politische Gleichheit dadurch untergraben, dass Herrschaftsmuster entstehen. Durch diese ist der Zugang zu den Schaltstellen der Macht eingeschränkt. Trotzdem untergräbt dies nicht zwangsläufig die private Autonomie. Darin lag die eigentliche Bedeutung des segregationistischen Arguments.

Dieses geht davon aus, dass es möglich sein sollte, zwei getrennte, aber gleichwertige Welten zu schaffen. Danielle Allen dagegen vertritt die These, dass die sozialen Strukturen des Segregationismus einer gerechten Gesellschaft diamentral entgegenstehen. Daher ist es wichtig, die politischen Freiheiten genauso zentral zu betrachten wie die Freiheiten, die private Autonomie absichern. Vereinigungsfreiheit führt jedoch unweigerlich zu sozialen Differenzen. Und soziale Differenzen haben in der Historie mit hoher Wahrscheinlichkeit Herrschaft erzeugt. Quelle: „Politische Gleichheit“ von Danielle Allan

Von Hans Klumbies