Pisa verlor 1406 seine Unabhängigkeit

Dom, Turm, Bapisterium und Friedhof bildeten das sakrale Zentrum der Kommune Pisa. Nach dem Verlust der Unabhängigkeit im 15. Jahrhundert wurde das grandiose Ensemble zum Ort der wehmütigen oder auch widerständigen Erinnerung an verlorene Größe. Um 1300 war die stolze Stadt Pisa von Florenz wirtschaftlich und politisch überflügelt worden. Im Jahr 1406 musste sie sich der verhassten Rivalin sogar unterwerfen und verlor ihre Unabhängigkeit. Volker Reinhardt fügt hinzu: „Die Selbstständigkeit gewann Pisa zwar 1494 zurück. Es musste sich aber 1509 nach langer Belagerung ausgehungert und finanziell erschöpft, erneut unterwerfen. Und zwar diesmal endgültig.“ Von nun an blieb für den Lokalstolz nur noch die Universität. Volker Reinhardt it Professor für Geschichte der Neuzeit an der Universität Fribourg. Er gehört international zu den führenden Italien-Historikern.

Die Elite der Städte in Italien war adelig

An dieser Universität hatte Galileo Galilei, der berühmteste Sohn der Stadt zu Beginn seiner bewegten Karriere unterrichtet. Zudem bleibt das Staunen der Besucher über den Platz der Wunder aus einer fernen, stolzen Frühzeit. Im Italien des 11. Jahrhunderts erhob sich in Italien erstmals seit dem Ende der Antike wieder die Macht der Städte. Auch auf der Halbinsel war nach dem Zerfall des römischen Imperiums die regionale und lokale Herrschaft an Adelsfamilien übergegangen.

Diese verdankten ihre Führungsposition ihren befestigten Standpunkten auf dem Land und den von dort bezogenen Einnahmen. Im Gegensatz zum übrigen Europa hatten diese Dynastien jedoch auch wehrhafte Wohnsitze innerhalb der Stadtmauern, wo sie zumindest zeitweise residierten. In der Stadt amtierte auch der Bischof, der meist einem dieser großen Clans entstammte und häufig die Rechte des Stadtherrn besaß. So war die Elite der Städte in Italien adelig, kriegerisch, kommerziell aktiv und kulturell interessiert.

Ein lukrativer Handel entsteht durch ein Preisdiktat

Und sie war bereit, bald nach der ersten Jahrtausendwende ihre wirtschaftliche, militärische und politische Kraft zu entfalten und so ihre Welt dauerhaft zu verwandeln. Den Anfang machten Venedig an der Adria und Pisa an der tyrrhenischen Küste, dicht gefolgt von Genua im Norden. Wirtschaftliche und militärische Expansion bildeten dabei eine Einheit. Handel wird erst lukrativ, wenn man bei An- und Verkauf die Preise diktieren kann. Dies galt für allem für Getreide, von dem die Städte mit ihrem unaufhaltsamen Bevölkerungswachstum immer mehr benötigten.

Die großen Hafenstädte Pisa, Venedig und Genua waren daher zugleich auch Eroberungszentren. Ihre Handelsflotten wurden von Kriegsgaleeren begleitet, die Kolonien gründen und so den Warenverkehr sichern sollten. Für die aristokratischen Führungsschichten war das Kriegshandwerk ohnehin selbstverständlich. So gewannen sie in den neu in Besitz genommenen Gebieten, sei es im östlichen Mittelmeer, sei es auf Sardinien oder Korsika, ausgedehnte Herrschaftsräume. Quelle: „Die Macht der Schönheit“ von Volker Reinhardt

Von Hans Klumbies

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