Thomas von Aquin trennt den Glauben vom Wissen

Thomas von Aquin fasste die Theologie und die Philosophie seiner Zeit zusammen. Er ist jener Dominikanermönch, der für die Nachwelt den Höhepunkt der Scholastik darstellt. Maßgebend für seine Lehre ist das Begriffspaar Wesen und Sein. In seinem Kommentar zum Buch „Über die Seele“ von Aristoteles schreibt er, dass der in der Seele angenommene Verstand, die Fähigkeit habe, in der Erkenntnis alles zu werden. Vor allem die Geistigkeit der Seele liegt ihm dabei am Herzen. Der Beginn des Seelenlebens beginnt für ihn mit der Zeugung und lebt nach dem Tod des Körpers weiter. Für Thomas von Aquin war die Seele ein Geist, der in allen Individuen identisch ist.

Thomas von Aquin: „Über die Herrschaft des Fürsten“

Eine seiner wichtigen Schriften ist das Traktat „Über die Herrschaft des Fürsten“. Darin warnt er die Fürsten vor einem maßlosen Streben nach Ruhm. Der Fürst solle vielmehr darum bemüht sein, eine gute Herrschaft auszuüben. Zu seinem Amt gehöre neben der Begründung und Erhaltung des materiellen Gemeinwohls auch die geistige Förderung der Menschen. Der Fürst habe die Aufgabe, überall dort nach Vollkommenheit zu streben, wo eine Verbesserung möglich sei.

Den Staat betrachtet Thomas von Aquin zwar als geistige Lebensgemeinschaft, klammert jedoch die menschliche Natur nicht ganz aus. Was immer die Motivation des Handelns sei, hinter allem vermutete er das Streben nach Glück. Der Mensch steht bei ihm auf einer Stufe zwischen Tier und Engel. Aufgrund dieser Zwischenstellung ziehe der Körper den Menschen zum Tier, während sein Geist zu Gott strebe. Der Mensch sei unvollkommen und strebe deshalb nach Ergänzung. Um ein gutes Leben führen zu können, müsse der Mensch gefördert werden.

In der Scholastik geht es darum, überlieferte Texte zu lesen, sie durch Autoritäten kommentieren zu lassen und in ein möglichst widerspruchsfreies theologisch-philosophisches System einzugliedern. Thomas von Aquin trennt den Glauben vom Wissen. Er fasst den Akt der Erkenntnis als Prozess der Angleichung zwischen Subjekt und Objekt auf.

Kurzbiographie: Thomas von Aquin

Thomas von Aquin wurde 1225 im Schloss Roccasecca bei Aquino in der Nähe von Neapel geboren. Im Alter von fünf Jahren wurde er als gottgeweihtes Kind in das Kloster Montecassino gebracht. Mit elf Jahren kam er zur weiteren Ausbildung nach Neapel. 1243 trat er in den Dominikanerorden ein. Von 1244 bis 1248 studierte er in Köln an der neu gegründeten Universität unter anderen bei Albertus Magnus. 1252 nahm er die eigene Lehrtätigkeit mit philosophisch-theologischen Vorlesungen in Paris auf. Zwanzig Jahre später wurde er Studienleiter des Dominikanerordens.

1274 starb Thomas von Aquin auf dem Weg zum Konzil nach Lyon im Kloster Fossanuova bei Rom. 1324 wurde er heilig gesprochen und 1567 zum Kirchenlehrer erklärt. 1850 wurde er Patron aller katholischen Schulen. Papst Leo XIII. erklärte den Thomismus 1879 zur offiziellen Philosophie der katholischen Kirche. Der Thomismus prägte über Jahrhunderte das Denken der römisch-katholischen Schule.

Von Hans Klumbies