Thomas Piketty fordert eine progressive Vermögenssteuer

Der französische Ökonom Thomas Piketty warnt davor dass sich die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter öffnet: „Die zentrale Ungleichheit ist die zentrale Herausforderung unserer Zeit.“ In seinem Buch „Capital in the Twenty-First Century“ stellt er fest, dass die zehn Prozent der Spitzenverdiener in den USA derzeit so viel wie seit 1928 nicht mehr verdienen. Das sind fast 50 Prozent des gesamten Einkommens. Auch in Europa hat sich die Balance zwischen Kapital und Einkommen seit 1950 dramatisch verschoben. Allerdings ist Thomas Piketty durchaus ein Verfechter des Privateigentums und der Marktwirtschaft: „Sie ist nicht nur effizienter, sie ist auch eine wichtige Voraussetzung für die Freiheit des Einzelnen.“ Thomas Piketty ist Professor an der Paris School of Economics. Der Ökonom forscht zur Vermögensverteilung.

Eine Marktwirtschaft ohne Regeln gefährdet das Überleben des Kapitalismus

Thomas Piketty glaubt allerdings auch, dass es Dinge gibt, die die Märkte nicht schaffen. Ohne Regeln führt die Marktwirtschaft seiner Meinung nach zu einer extremen Vermögensverteilung, die das politische Überleben des Kapitalismus gefährdet: „Es kann auf der einen Seite zu Anti-Globalisierungs-Tendenzen führen und auf der anderen zu Nationalismus.“ Es gibt eine klare Kraft, die für die hohe Ungleichheit verantwortlich ist. Denn wenn die Gewinne des Kapitals so viel höher sind als das Wirtschaftswachstum, gerät die Verteilung aus den Fugen.

Laut Zahlen von Forbes ist das Vermögen der weltweiten Milliardäre zwischen 1987 und 2013 viermal schneller gewachsen als die Realwirtschaft. Wenn ein so hoher Teil des Wachstums beim reichsten Prozent der Bevölkerung hängen bleibt, ist das kein gutes Geschäft für die übrigen 99 Prozent. Thomas Piketty plädiert dafür, mit einer progressiven Vermögenssteuer gegenzusteuern, wodurch sich auch die Schuldenprobleme vieler Staaten lösen könnten. Diese Idee wägen inzwischen selbst der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Deutsche Bundesbank ab.

Die Inflation zerstört die Sparguthaben der einfachen Leute

Thomas Piketty erklärt: „Eine gute Steuer sollte bewirken, dass selbstverdientes Vermögen, mit Arbeit und Ideen geschaffen, weniger stark besteuert wird, als schlicht ererbtes Vermögen. Die Steuer sollte aber erst ab einer gewissen Grenze eingehoben werden und nicht fällig sein, wenn ein Mensch erst ein kleines Vermögen aufbaut.“ Thomas Piketty warnt davor, die Staatsschulden durch Inflation hinter sich zu lassen. Denn dadurch werden die Sparguthaben der einfachen Leute und der Mittelschicht zerstört.

Wenn es auf der einen Seite hohe Vermögensbestände gibt und auf der anderen Seite extrem hohe öffentliche Schulden, ist es für Thomas Piketty ökonomisch verrückt, keine progressive Vermögenssteuer zu erheben. Eine weitere Möglichkeit des Schuldenabbaus haben Staaten, indem sie ihre Ausgaben beschränken und sparen. Es ist zwar möglich, die Schuldenlast allein mit Budgetüberschüssen abzubauen, aber das dauert sehr lange. So hat Großbritannien zum Beispiel fast einhundert Jahre gebraucht, um von über 200 Prozent Staatsverschuldung im Jahr 1820 auf knapp 30 Prozent im Jahre 1914 zu kommen. Quelle: Der Standard

Von Hans Klumbies