In seinem neuen Buch „Fühlen, wie die Welt fühlt“ erläutert Joachim Bauer, wie die Empathie im Menschen angelegt ist. Seiner Meinung nach stellt sie die Lösung gesellschaftlicher und globaler Probleme dar. Joachim Bauer ist davon überzeugt, dass jeder diese urmenschliche Fähigkeit wiederentdecken kann. Leider ist die ursprüngliche Fähigkeit des Menschen die Natur als einen empathischen Lebensraum zu empfinden, bei vielen verschüttet. Vielleicht steht auch deshalb die Welt ökologisch auf der Kippe. Die Menschheit und die Natur verbindet eine Hunderttausende von Jahren alte, tiefe Beziehung. Die Natur überließ den Menschen ihre Flora und Fauna, ihre Gewässer und ihre Schönheit. Da sie den Menschen gibt, was sie brauchen, kann man sie als empathisch bezeichnen. Joachim Bauer ist Arzt, Neurowissenschaftler, Psychotherapeut und Bestsellerautor von Sachbüchern.
Der Mensch und die Natur sind sich fremd geworden
Aber was die Menschheit scheint vergessen zu haben, dass Empathie auf Gegenseitigkeit beziehungsweise Reziprozität beruht. Denn um diese ist es mehr als schlecht bestellt. Zwischen Mensch und Natur ist die Entfremdung immer größer geworden. Daraus droht nun ein unumkehrbarer Bruch zu werden. Wie kann man ihn verhindern? Joachim Bauer fordert: „Ökologisches Bewusstsein muss sich, wenn es nachhaltig tragfähig sein soll, aus einer Haltung der Freude, nicht aus Schuldgefühlen heraus entwickeln.“
Unter allen Potenzialen, die der Mensch von der Evolution bekommen hat, ist die Empathie der tiefste Erfahrungsraum und kraftvollste Handlungsantrieb. Die Empathie hat ihren Ursprung in der zwischenmenschlichen Beziehung. Sie ist keine angeborene Eigenschaft, ihr Erwerb gehört jedoch zum Entwicklungsprogramm, das die Natur für den Menschen vorgesehen hat. Menschlichkeit entsteht nicht von alleine, sondern ist an bestimmte Grundvoraussetzungen geknüpft. Was im Menschen empathisches Verhalten entstehen lässt, ist selbsterlebte Empathie.
Vernunft und Empathie sichern das Überleben
Nur wem Empathie geschenkt wurde, der kann sie auch geben. Nur wenn die Menschen ihre Fähigkeit schulen, zu fühlen, was ihre Mitmenschen fühlen, werden sie auch die Fähigkeit stärken, zu fühlen, was die Welt fühlt. Wenn die Menschheit die Erde noch retten will, kann sie auf eine emotionale Verbindung zwischen Mensch und Natur nicht verzichten. Beide, Mensch und Natur, stehen in einer wechselseitigen existenziellen Abhängigkeit. Beide Seiten fühlen nicht nur, wie es dem eigenen Organismus, sondern auch, wie es dem der anderen Seite geht.
Die Menschheit ist aufgerufen, sich mit ihrer inneren Haltung und mit ihrem Verhalten gegenüber der Natur neu aufzustellen. Die Natur ist für den Menschen nicht nur ein Lebensraum, sondern sie kann ihm auch als eine gewaltige medizinische und soziale Ressource dienen. Menschliche Gesundheit, gutes menschliches Zusammenleben und die Bewahrung der Natur stehen in einem Dreiecksverhältnis der Gegenseitigkeit. Joachim Bauer beendet sein Buch mit dem schönen Satz: „Was unseren evolutionären Vorfahren das Überleben ermöglichte, kann auch uns heute helfen: Vernunft und Empathie.“
Fühlen, was die Welt fühlt
Die Bedeutung der Empathie für das Überleben von Menschheit und Natur
Joachim Bauer
Verlag: Blessing
Gebundene Ausgabe: 207 Seiten, Auflage: 2020
ISBN: 978-3-89667-690-0, 22,00 Euro
Von Hans Klumbies