Jean-Paul Sartre, der von 1905 bis 1980 lebte, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zu dominierenden Identifikationsfigur des französischen Existentialismus. Angesichts der katastrophalen und auch ideellen Zerstörungen und Verwüstungen schien lediglich die aus sich selbst zurückgeworfene einzelne Existenz übrigzubleiben. Jean-Paul Sartre analysiert diese Situation umfassend in seinem Hauptwerk „Das Sein und das Nichts“. Darin stellt er das Für-sich-sein des Menschen in Bewusstsein und Freiheit, dass bewusstlose An-sich-sein der Objektivität gegenüber. Das Für-sich-sein ist durch das Nichts begründet. Existenzdialektisch formuliert, heißt das dann: Die Menschen sind, was sie nicht sind, und sie sind nicht, was sie sind. Faktizität und Transzendenz bestimmen einander. Entsprechend radikal ist das Verständnis der Freiheit bei Jean-Paul Sartre: Die Menschen sind zur Freiheit verurteilt. Die menschliche Existenz ist vom Zufall bestimmt und absurd.
Jean-Paul Sartre lehnt den Literaturnobelpreis ab
Jean-Paul Sartre analysiert den „Blick“ des Anderen als grundsätzlich objektivierend und beschreibt Hass, Gleichgültigkeit, Begierde und Liebe im Zusammenhang mit Entfremdung und Scheitern. Auch in seiner Schrift „Ist der Existentialismus ein Humanismus?“ vertritt er diesen grundlegenden Nihilismus. Das Hauptwerk seiner marxistischen Phase ist „Die Kritik der dialektischen Vernunft“. In ihm interpretiert Jean-Paul Sartre die marxistischen Grundbegriffe wie zum Beispiel Entfremdung, Arbeit und Praxis.
Aber auch bei den nun beschriebenen und analysierten Formen der Gruppenbildung und Vergemeinschaftung bleibt die existentielle Entfremdung des Einzelnen unüberwindlich. Im Jahr 1964 wird Jean-Paul Sartre der Literaturnobelpreis zugesprochen, den er aber ablehnt. In seinem Spätwerk „Der Idiot der Familie“ untersucht er detailliert das Leben und Werk des französischen Schriftstellers Gustave Flaubert. Jean-Paul Sartre ist einer der einflussreichsten Intellektuellen der 1950er und 1960er Jahre. Mehr als 50.000 Menschen kommen 1980 zu seiner Beerdigung.
Jean-Paul Sartre kritisiert die Vorstellung von einer privaten Innenwelt
Wichtig war und blieb im Denken von Jean-Paul Sartre die frühe Begegnung mit der Phänomenologie Edmund Husserls. Schon in seiner frühen Schrift „Die Transzendenz des Ego“ kritisiert er jegliche objektivierenden Vorstellungen eines Ich. Während alle Akte des Bewusstseins wie auch das jeweilige Selbstbewusstsein bereits uneingeschränkt zur Welt gehören, konzipiert Jean-Paul Sartre ein präreflexives Cogito, das vorbewusst alle intentionalen Akte bereits durchdingt und allem objektivierenden Bewusstsein als ein unverfügbares Nichts vorausliegt.
Dieses Nichts ist es, das als Freiheit und Spontaneität unpersönlich und vorpersönlich Bewusstsein, Denken, Reflexion, Ego und Cogito in einem transzendentalen Feld eröffnet und ermöglicht. Jean-Paul Sartre kritisiert auf diese Weise grundsätzlich den Subjektivismus, den Solipsismus und die Vorstellungen von einer privaten Innenwelt. Entsprechend vergegenwärtigt er in seinen Theaterstücken und Romanen aus dieser Zeit die menschliche Existenz in ihrer Kontingenz und Grundlosigkeit. In seinem Hauptwerk „Das Sein und das Nichts“ vertieft er diesen Ansatz. Quelle: Philosophie des 20. Jahrhunderts von Thomas Rentsch
Von Hans Klumbies