Schon im Jahr 1974 stellt der amerikanische Ökonom Richard Easterlin die Frage, ob höhere Einkommen für alle, wenn sie nur gerecht verteilt wären, auch das Glück aller mehren würden. Er beantwortete diese Frage mit einem klaren Nein. Denn wenn die Menschen alle gleichzeitig reicher werden, verschieben sich auch die Ansprüche in einer Gesellschaft. Die Zufriedenheit einer Person hängt stark davon ab, was andere besitzen. Sobald man seine Grundbedürfnisse befriedigen kann, scheint all der Wachstumswahn am Ende in immer größeren Anteilen ein Nullsummenspiel für die menschliche Zufriedenheit zu werden. Gerhard Schick nennt den Grund: „Denn dann geht es nicht mehr darum, absolut glücklicher zu werden, sondern sich besser zu stellen als andere. Der grüne Politiker Gerhard Schick gilt als einer der versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.
Der Statuskonsum zeigt sich in einer erhöhten Überschuldung der Mittelschicht
Der Kapitalismus macht den Menschen ein verlockendes Angebot: „Kauf dich glücklich“. Konsum ist für Gerhard Schick in vielen Fällen soziale Kommunikation. Viele Menschen definieren sich über die Produkte, die sie kaufen und zur Schau stellen. Das läuft vielfach so subtil ab, dass es ihnen selbst nicht einmal mehr auffällt. Gerhard Schick erklärt: „Wir geben Dingen eine psychologische Bedeutung, vom Mobiltelefon über die Kleidung bis zum Auto gilt dieses Prinzip. Die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen, der Rang in der Hierarchie – vieles wird über Statussymbole und Konsumgüter zum Ausdruck gebracht.“
Es zeigt sich aber am Ende immer wieder, dass die Menschen durch Konsum nicht glücklicher werden. Weil andere Menschen auch bessere Smartphones und größere Autos haben. Wer ein höheres Einkommen hat, kann logischerweise mehr kaufen. Aber was soll man tun, wenn man schon alles hat, was man braucht? Zusätzliches Einkommen führt die Menschen alle auf eine höhere Stufe des Konsums, aber nicht zu mehr Zufriedenheit. Inzwischen ist es laut Gerhard Schick sogar so, dass sich der Statuskonsum offenbar in einer erhöhten Überschuldung auch in der Mittelschicht zeigt.
Die Wohlstandskrankheiten breiten sich in Deutschland immer mehr aus
Ein Sprichwort lautet: „Wir kaufen Dinge, die wir nicht brauchen, mit Geld, das wir nicht haben, um Leute zu beeindrucken, die wir nicht mögen.“ Die negativen Tendenzen dieses einseitigen Strebens nach materiellem Mehr treten in der Gegenwart immer deutlicher zu Tage. Gerhard Schick erläutert: „Der Begriff der „sozialen Rezession“ macht mittlerweile die Runde, die wachstumsgetrimmte Gesellschaft wird nicht mehr glücklicher mit einem Zuwachs an Einkommen. Das Hamsterrad der Moderne hält uns gefangen.“
Außerdem breiten sich immer mehr Wohlstandskrankheiten aus wie Stress, Burn-out, Depression, Fettleibigkeit und Bluthochdruck. Während die Menschen reicher werden, sind sie sich nicht immer sicher, ob sie nicht eigentlich ärmer werden. Dazu kommen der Klimawandel und eine Ressourcenkrise. Während die Deutschen in ihrer sehr reichen Gesellschaft durch Wachstum nicht glücklicher zu werden scheinen, ist eines absolut sicher: Die Natur wird durch das Handeln der Menschen immer ärmer.
Von Hans Klumbies