Für Alain Badiou gibt es ewige Wahrheiten

Der französische Philosoph Alain Badiou unterscheidet in seinem neuen Buch „Logiken der Welten“, das gerade im Diaphanes-Verlag auf Deutsch erschienen ist, vier philosophische Wahrheitsprozeduren: Wissenschaft, Kunst, Politik und die Liebe. Die Mathematik, die Malerei, die Dichtung und die Liebe bringen ganz bestimmte Formen der Wahrheit hervor. Diese verschiedenen Wahrheiten zeichnen sich dadurch aus, dass sie universell sind, nicht aufzählbar, sich in der Unendlichkeit verlierend und immer erkennbar. Es gibt laut Alain Badiou so viele Wahrheiten, dass kein Mensch sie alle aufzählen könnte. Das sei aber auch gar nicht nötig, da man diese Wahrheiten nicht verfehlen könne, wenn man an sie denke.

Die unviersellen Wahrheiten lösen sich von der Sprache

Alain Badiou betont die Unabhängigkeit dieser universellen Wahrheiten von der Sprache. Seine Kernthese lautet: „Es gibt nur Körper und Sprachen, außer dass es Wahrheiten gibt.“ Jede Wahrheit muss den Versuch unternehmen, eine Realität darzustellen. Allerdings kann die universelle Wahrheit, wenn sie einmal entstanden ist, auch unabhängig in den nicht fassbaren Weiten der Unendlichkeit existieren. Alain Badiou definiert die Wahrheit der Liebe wie folgt: „Wo Ichs sind, wird, wenn es um die Wahrheit der Liebe geht, Es. Die Liebe ist also das Unbewusste.“

Den ersten Ausdruck der gewaltigen Kraft der Wahrheit in der Liebe findet der französische Philosoph Alain Badiou bei der Liebeslyrik der Dichterin Sappho. Generell hängt die Kunst für ihn nur von der Wahrheit ab, nicht dagegen von der Vergänglichkeit der Menschen und ihren Kunstwerken. Das Leben in der Kunst ist ewig, hier kommt der Tod nicht zum Zug.

Die Hauptwerke von Alain Badiou

Zu den Hauptwerken des französischen Philosophen Alain Badiou gehören „Das Sein und das Ereignis“ und „Logiken der Welten“. Der Denker beschäftigt sich in seinen philosophischen Überlegungen immer wieder mit der Frage, welche Bedingungen herrschen müssen, damit eine Revolution ausbricht und welche Folgen für die Gesellschaft und das Individuum durch einen solchen Umsturz entstehen.

Der Meisterdenker hat einmal geschrieben: „Scheitern heißt einen gegebenen Zustand der Gewissheit nicht zu unterbrechen.“ Die Gewissheiten, denen Alain Badiou nicht folgen will sind sowohl die der westlichen Demokratien als auch die des Marxismus. 1984 sagte er, dass die politische Ökonomie des Marxismus nicht dazu in der Lage gewesen sei, ihre eigene Kritik zu beanstanden.

Aufsehen erregte Alain Badiou auch mit der Veröffentlichung seines Buchs „Paulus. Die Begründung des Universalismus“ (1997). Der Philosoph stellt Paulus als Türöffner der geschichtlichen Möglichkeiten einer universalen Botschaft vor. Alain Badiou schrieb damals: „Die unerhörte Geste des Paulus besteht darin, die Wahrheit dem kommunitären Zugriff entzogen zu haben, egal ob es sich um ein Volk, ein Reich oder eine soziale Klasse handle.“

Von Hans Klumbies