Mit dem Leid der Arbeitslosen verdienen clevere Geschäftsleute viel Geld. Milliarden von Euros versickern in Ein-Euro-Jobs und in einer Hartz-IV-Bürokratie, die sich immer mehr in ein zügelloses Monster verwandelt. Im vergangen Jahr haben der Bund und die Kommunen 49 Milliarden Euro für Hartz-IV-Empfänger ausgegeben, drei Milliarden Euro mehr als im Jahr davor. Doch nur 24 Milliarden Euro erhalten die Bedürftigen direkt. Die übrigen 25 Milliarden Euro fließen in eine Branche, der es umso besser geht, desto höher die Zahl der Arbeitslosen steigt. Dazu zählen Fortbildungseinrichtungen, private Arbeitsvermittler, Wohlfahrtskonzerne und Rechtsanwälte, die sich auf Hartz IV spezialisiert haben.
Über die Hälfte der Ein-Euro-Jobber könnten in ganz normalen Jobs arbeiten
Die Reform von Hartz IV sieht ein Bildungspaket vor, dass der Hartz-IV-Brache ein Umsatzplus von rund 700 Millionen Euro bescheren wird. Auch die Bürokratie wird weiter zunehmen. Allein für die Verwaltung der neuen Leistungen werden in den Jobcentern Deutschlands 1.300 neue Sachbearbeiter gebraucht. Allein in diesem Jahr hat der Staat 6,6 Milliarden Euro ausgegeben, um Hartz-IV-Empfänger weiterzubilden.
320.000 Menschen haben inzwischen in Deutschland einen Ein-Euro-Job. Ursprünglich waren die Ein-Euro-Jobs für Arbeitslose gedacht, die nur noch für einen Schonposten in Frage kamen. Inzwischen sind in dem Ein-Euro-System Leute gelandet, die dort eigentlich nicht hingehören, wie das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) festgestellt hat. Laut IAB sind über 50 Prozent der Ein-Euro-Jobber tüchtige Leute, die sofort dazu fähig wären, an einem ganz normalen Arbeitsplatz zu arbeiten, wenn sie nur eine Chance dazu bekämen.
Ein Fallmanager ist für bis zu 300 Langzeitarbeitslose verantwortlich
Die Bundesagentur für Arbeit hat herausgefunden, dass zuletzt nur noch 14,3 Prozent der Ein-Euro-Jobber einen festen Arbeitsplatz erhielten, während die Eingliederungsquote ein Jahr zuvor noch bei 16,8 Prozent lag. Dennoch steigen die Verwaltungsausgaben für Hartz IV bei der Bundesagentur für Arbeit in beängstigendem Ausmaß. Im vergangen Jahr mussten dafür 4,4 Milliarden Euro aufgewendet werden, ein Plus von 44 Prozent gegenüber dem Jahr 2005.
Es gibt Jobcenter, in denen schon deswegen keine vernünftige Arbeit möglich ist, weil die Fluktuation des Personals bis zu 20 Prozent pro Jahr beträgt. Vor allem die Langzeitarbeitslosen kosten den Steuerzahler viel Geld. Deshalb war geplant, ihnen einen so genannten Fallmanager zu Seite zu stellen. Jeder dieser Arbeitsexperten sollte sich maximal um 150 Klienten kümmern, doch in der Realität sind die Berater inzwischen für bis zu 300 Langzeitarbeitslose zuständig.
Der Staat soll verstärkt Lohnkostenzuschüsse zahlen
Kritik an diesen Zuständen übt auch der Bundesrechnungshof in einer Erklärung: „Menschen, die in Hartz IV rutschen, müssen im Durchschnitt neun Wochen auf ein qualifizierendes Erstgespräch bei einer Vermittlungskraft warten.“ Einwände gegen das ganze Fördersystem für Arbeitslose kommen auch von Stefan Sell, der Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Koblenz unterrichtet.
Für ihn machen die meisten Förderinstrumente keinen Sinn, da sie mit dem realen Arbeitsleben nichts zu tun haben. Es sei völlig verfehlt, wenn Arbeitslose Puzzles zusammenbauen oder mit Plastikgemüse Kaufmann spielen. Stefan Sell fordert: „Der Staat soll lieber verstärkt Lohnkostenzuschüsse an Arbeitgeber zahlen, die einen Langzeitarbeitslosen einstellen.“
Von Hans Klumbies