Der Tourismuskonzern Thomas Cook Group trägt zwar noch immer den Namen seines Gründers, aber 170 Jahre nach der Gründung ist das Unternehmen hoch verschuldet und könnte sogar Pleite gehen. Vor kurzem trat Vorstandschef Manny Fontenla-Novoa zurück, weil der Konzern seit Jahresanfang Dreiviertel seines Börsenwerts verloren hatte und rund 370 Millionen Euro an Verlusten angehäuft hatte. Einst war dieser Konzern die Keimzelle des modernen Massentourismus. Thomas Cook, der von 1808 bis 1892 lebte, war einer der ungewöhnlichsten Unternehmer des 19. Jahrhunderts. Heute ist der Vater des Pauschalurlaubs, der übrigens keine Fremdsprache sprach, fast vergessen, obwohl sein Leben einer einzigen Abenteuerreise glich.
Über eine Million Menschen buchten bei Thomas Cook eine Reise
Als Thomas Cook 1808 in der nordenglischen Kleinstadt Melbourne zur Welt kam, war der Begriff des Tourismus noch gar nicht geboren. Als der innovative Unternehmer im Alter von 83 Jahren stirbt, ist sein Name ein Synonym für Urlaubsreisen geworden, die sich auch normale Bürger und nicht nur die High Society leisten konnte. Er war der Erfinder der Pauschalreise, bei der er die Reise für seine Kunden zusammenstellte und als günstiges Komplettpaket verkaufte. Nicht ohne einen gewissen Stolz erzählte Thomas Cook gerne, dass er mehr als eine Million Touristen in den Urlaub geschickt habe.
Im Jahr 1872 bot Thomas Cook seinen Kunden die erste Weltreise an. Zehn wagemutige Abenteurerreisende buchen und gehen mit Thomas Cook in Liverpool an Bord eines Schiffes. Zur bunten Reisegruppe gehören vier Briten, ein Russe, ein Grieche und vier Amerikaner. Die Reise soll über 25.000 Meilen gehen und 222 Tage dauern. Thomas Cook hatte den Trip um die Welt ganz exakt geplant: Die Weltreise führte über New York, San Francisco, Japan, China, Indien und Aden zurück nach England.
Thomas Cook organisierte auch Reisen nach Palästina und Amerika
Über die Reise schrieb Thomas Cook Artikel und schickte sie von fernen Gestaden an die Londoner „Times“, die den geschäftstüchtigen Unternehmer als Gastautor verpflichtet hatte. Zu diesem Zeitpunkt war Thomas Cook schon zur Nummer eins des europäischen Tourismusmarktes aufgestiegen. Er öffnete der aufstrebenden, bürgerlichen Mittelschicht das Tor zu fernen Ländern. Seine exakt durchgerechneten Pauschalurlaube machen Reisen zu einem Vergnügen des Volkes, was vor Thomas Cook nur der Oberschicht möglich gewesen war.
Zur Weltausstellung nach Paris, die im Jahr 1867 stattfand, reisen mit dem Reiseunternehmen Thomas Cook rund 20.000 britische Touristen in die französische Metropole. Für Schiffsreisen auf dem Nil hatte sich das Unternehmen Thomas Cook & Son zeitweilig ein Monopol aufgebaut. Thomas Cook, der von einem tiefen Glauben beseelt war und eine missionarische Einstellung hatte, organisierte auch Reisen nach Palästina und in die so genannte „Neue Welt“ nach Amerika. Wem das zu teuer war, konnte eine Pauschalreise nach Italien, in die Alpen, ins schottische Hochland oder nach Heidelberg buchen.
Von Hans Klumbies