Schon Aristoteles kannte die Effizienz der Arbeitsteilung

Effizienz durch Arbeitsteilung ist natürlich keine Erfindung aus den Zeiten des großen Nationalökonomen Adam Smith, der von 1723 bis 1790 lebte. Schon der geniale griechische Philosoph Aristoteles erwähnt sie. Rupert M. Scheule ergänzt: „Die Neuerung der letzten beiden Jahrhunderte war aber, dass das Prinzip der Arbeitsteilung gewissermaßen zivilisationsprägend wurde.“ Die ersten Gesellschaftsbereiche, wie etwa die Wissenschaft, begannen bereits im Hochmittelalter ein Eigenleben zu führen, nach ihren besonderen Gesetzen und eigenen Zielen. Danach setzte sich diese sogenannte funktionale Differenzierung flächendeckend im Abendland durch. Die Folgen waren gewaltig. So setzt es natürlich erhebliche Spezialisierungsgewinne frei, wenn sich beispielsweise die Wirtschaft nur um die Wirtschaft kümmern darf. Rupert M. Scheule ist Professor für Moraltheologie und Christliche Sozialwissenschaft an der Theologischen Fakultät Fulda.

Die Arbeitsteilung sorgte für Wohlstand

Der Prozess der Ausdifferenzierung verschiedener Sachbereiche der Kultur, Teilsysteme, funktionaler Sphären oder spezialisierter Praxis wird häufig als eine Art Emanzipationsprozess gefeiert. Ganzheitsansprüche werden dabei in ihre Schranken gewiesen, um Wissenschaft, Wirtschaft, Recht und so weiter die Freiheit zur Selbstentfaltung zu geben. Dass es in der westlichen Moderne zu einer historisch einmaligen Entwicklung des Wohlstands kam, dürfte tatsächlich auf die Abkopplung der ökonomischen Rationalität von einer umfassenden Rationalität beruhen.

Rupert M. Scheule stellt allerdings klar: „Die Freiheit einzelner Teilsysteme ist etwas anderes als die Freiheit des Menschen.“ Diese nämlich erfuhr im gesellschaftlichen Geschehen der Differenzierung ein seltsames Schicksal. Konsequent angewandt befreit die Logik der Arbeitsteilung die Eigengesetzlichkeiten und jeweiligen Sachlogiken auch noch vom Menschen selbst. Rupert M. Scheule erklärt: „In den einzelnen gesellschaftlichen Teilbereichen gibt es Drehbücher, die uns klar sagen, was zu tun ist und was nicht. Nicht wir greifen also auf die Sachlogiken zu, sondern diese auf uns.“

Georg Simmel entwarf das Konzept der „socialen Klassen“

Die Menschen sind es, die sich anpassen müssen. Dass der Arbeiter auf diese Weise unter die Herrschaft seines Produkts gerät, hat schon Karl Marx als Entfremdung beklagt. Fakt ist, dass die Freiheit der Teilsysteme die persönliche Freiheit beschränkt. Dies geht so weit, dass die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel vor lauter Sachzwängen nur noch alternativlosen Pragmatismus exerziert, statt Entscheidungen zu treffen. Aber dieser Umstand bewahrt den Menschen auch vor guten oder bösen Überraschungen.

Richtig problematisch wird es erst, wenn verschiedene Sachlogiken gleichzeitig nach einem Menschen greifen, was nicht selten der Fall ist, schließlich ist man ja nicht nur Arbeiter oder Konsument, sondern auch ein Elternteil oder Vereinsmitglied und vieles mehr. Ja, diese Multiinklusion, das Einbezogensein in verschiedene Teilbereiche, macht die soziale Identität des Menschen geradezu aus. Das wusste schon der Soziologe Georg Simmel, der mit seinem Konzept der verschiedenen „socialen Klassen“ darauf hingewiesen hat. Quelle: „Wir Freiheitsmüden“ von Rupert M. Scheule

Von Hans Klumbies