Tim Crane stellt die Frage nach der Natur der Realität

Für Tim Crane ist die Frage nach der Natur der Realität oder des Seins eine der ältesten in der Philosophie des Abendlandes. Realität ist keine Eigenschaft der Dinge wie beispielsweise eine rote Farbe oder das Gewicht einer Sache. Tim Crane erklärt: „Es ist sinnlos zu behaupten, dass Realität etwas ist, dass einige Dinge besitzen und andere nicht, da die Idee etwas zu sein, schon in sich die Vorstellung der Realität enthält.“ Ähnlich schließ auch die Behauptung, etwas ist oder hat Sein, gleichfalls für Tim Crane mit Sicherheit ein, dass es real ist. Denn nichts kann Sein haben, wenn es nicht real ist. Tim Crane ist Professor für Philosophie an der University of Cambridge. Seit 1988 liegen von ihm zahlreiche Schriften zur Philosophie des Geistes vor. Sein Buch „The Mechanical Mind“ (1995) hat ihn in einer großen Leserschaft bekannt gemacht.

Die fundamentale Realität existiert für Platon außerhalb der Erfahrungswelt

Existente Dinge besitzen laut Tim Crane ein Sein in Raum und Zeit besitzen, während das auf nicht-existente Dinge nicht zutrifft. Reale Dinge sind von vielerlei Art. Angesichts der Schwierigkeit die Realität exakt zu definieren bestreiten Philosophen wie Bertrand Russell und W. V. O. Quine, dass es überhaupt einen Unterschied zwischen Existenz, Sein und Realität gibt. Für sie ist das Sein das, was existiert oder was ist oder was real ist oder was Dinge sind. Das Sein, die Realität und die Existenz drücken für sie ein und dieselbe Idee aus.

Fragen nach Sein und Existenz gehören laut Tim Crane jenem Gebiet der Philosophie an, das man als Ontologie bezeichnet, als Studium oder Theorie des Seins. Seit Platon und Aristoteles ist es in der Philosophie zum Standard geworden, zwischen den Dingen selbst und ihren Eigenschaften oder Attributen zu unterscheiden. Für Platon waren die fundamental realen Dinge die Formen: Ideale, ewige und unveränderliche Typen von Dingen, die außerhalb der Erfahrungswelt existieren. Alles in der Welt der Erfahrung hat für Platon dem gegenüber einen geringeren Grad an Realität.

Die unterschiedliche Realitätsauffassung bei Platon und Aristoteles

Aristoteles war anderer Ansicht als Platon und argumentierte, dass einzelne Dinge, die er als Substanzen bezeichnete, fundamentale Realitäten sind. Tim Crane erläutert die unterschiedliche Auffassung von Realität bei Platon und Aristoteles: „Während Platon davon ausging, dass das individuelle Pferd bezüglich seiner Existenz und Natur bereits durch die allgemeine „Form“ Pferd festgelegt sei, hielt Aristoteles dagegen, dass schon das einzelne Tier eine grundlegende Entität, eine Wesenheit sei.“

Die Idee einer Substanz, von etwas also, das der tiefere Grund von Sein oder Wesenheit ist, hat laut Tim Crane die Philosophie seit Aristoteles beherrscht. Auf dieser Basis lautet die nächste ontologische Frage, ob Substanzen alle von derselben Art oder ob es grundlegend unterschiedlichen Arten von Substanzen gibt. Tim Crane erläutert: „Die Monisten sagen, dass es nur eine Substanz gibt, während die Dualisten von zwei ausgehen. Bei den Monisten können wir zwischen Materialisten, die glauben, alle Substanzen seien materiell oder aus Materie gemacht, und Idealisten unterscheiden, die glauben alle Substanzen seien geistig.“

Von Hans Klumbies