Insekten sind systemrelevant für Ökosysteme

In Deutschland ist die Biomasse von Fluginsekten innerhalb von drei Jahrzehnten um bis zu 75 Prozent zurückgegangen. Dirk Steffens und Fritz Habekuss wissen: „In der Folge des Insektenschwunds sterben auch die Vögel, weil viele sich von Insekten ernähren. Beispiel Nordamerika: Dort sind seit 1970 etwa drei Milliarden Vögel verschwunden. Den Verlust von einzelnen Vogel- oder Säugetierarten können Ökosysteme oft einigermaßen ausgleichen, doch Insekten sind systemrelevant.“ Das Problem ist bereits sehr real. In einigen Regionen Chinas müssen Landarbeiter Obstbäume mittlerweile per Hand bestäuben – was aber nicht nur am Insektensterben liegt. In ihrem Buch „Über Leben“ erzählen der Moderator der Dokumentationsreihe „Terra X“ Dirk Steffens und Fritz Habekuss, der als Redakteur bei der „ZEIT“ arbeitet, von der Vielfalt der Natur und der Schönheit der Erde.

Die Natur bringt Kreativität und Effizienz hervor

Erfindungen können zwar Fortschritt bringen, aber es gibt keine Lösung ohne ein neues Problem. Asbest machte erst Wände feuerfest und verursachte dann Krebs. Das Insektengift DDT tötete erst die Schädlinge und dann auch die Vögel. Künstlicher Ammoniak düngte erst die Felder und dann die Todeszonen in den Meeren. Atomkraft war erst die Zukunft und bald die Angst-Technologie. Gemessen an der Eleganz, Kreativität und Effizienz, mit der die Natur Dinge erledigt, ist die menschliche Ingenieurleistung bestenfalls eine müde Kopie.

Dirk Steffens und Fritz Habekuss schreiben: „Unser Blick in die eigene Zukunft ist erbärmlich kurzsichtig. Wir können also nicht viel mehr tun, als einfach das zu lassen, was wir nicht verstanden haben, was nicht funktioniert. Wir müssen wenigstens offensichtliche Fehler vermeiden.“ Wenn die Menschheit eine Ressource einspart, braucht sie mehr von einer anderen. Von den 118 chemischen Elementen des Periodensystems gelten 44 inzwischen als knapp. Neun werden wohl innerhalb weniger Jahrzehnte dramatisch selten sein, auch weil man sie in Elektroautos, Smartphones und Solarzellen verwendet.

Der Abbau seltener Erden verursacht dramatische Umweltschäden

Seltene Erden, die man für viele Zukunftstechnologien braucht, kommen im Boden meist nur in geringen Konzentrationen vor. Für wenige Gramm Ertrag muss man sehr viel Gestein abbauen, kleinmahlen und chemisch behandeln. Dirk Steffens und Fritz Habekuss kritisieren: „Die Umweltschäden sind oft dramatisch.“ Coltan, ohne das Smartphones kaum vorstellbar sind, kommt häufig aus Minen im Regenwald des Kongo. China hat ein Quasimonopol auf seltene Erden, was schon jetzt die internationalen Beziehungen mit zusätzlichen Spannungen auflädt.

Dass sich die Menschheit aus der Klimakrise herausfinden kann, ohne neue Probleme zu schaffen, ist leider nur ein schöner Traum. Muss es dann nicht tatsächlich „Grenzen des Wachstums“ geben? Wer diese Frage googelt, erhält zwar keine Antwort, aber über zehn Millionen Treffer. Es heißt, so eine Suchanfrage würde 0,0003 Kilowatt Strom verbrauchen. Das ist wenig. Aber bei mehreren Millionen Suchanfragen pro Minute entsteht daraus eine Energiemenge, mit der sich ganze Städte hell erleuchten lassen. Quelle: „Über Leben“ von Dirk Steffens und Fritz Habekuss

Von Hans Klumbies