Die Philosophie kennt die Wege zum einfachen Leben

Im Titelthema beschäftigt sich das neue Philosophie Magazin 03/2018 mit der Frage warum das scheinbar einfache Leben so kompliziert ist, obwohl es sich so einfach anhört. Die meisten Menschen denken dabei an Gelassenheit, geistige Weite und an eine Existenz, die ihre Freiheit in der Beschränkung findet. Das einfache Leben verspricht Balance, Übersicht und einen Halt in einer Welt die immer unübersichtlicher zu werden scheint. Doch viele, die schon einmal versucht haben, ihr Dasein auf die einfachen Dinge des Lebens zu reduzieren, sind an den Realitäten des Alltags oder an sich selbst gescheitert. Die Philosophie kennt drei Wege zum einfachen Leben: Erstens führt nur die Übung einen Menschen zur Leichtigkeit. Das zweite Geheimnis einer erfüllten Existenz ist die Leere. Die dritte Voraussetzung ist die der Selbsterkenntnis.

Jacques Derrida entwickelte die Philosophie der Dekonstruktion

Chefredakteurin Svenja Flaßpöhler schreibt: „Wer einfach lebt, weiß, was wichtig ist – gedanklich, dinglich, zwischenmenschlich –, und hat Raum, um sich zu entfalten.“ Dabei ist das Konzept der Einfachheit allerdings nicht von der Vielfalt der Optionen zu trennen. Das einfache Leben muss mach sich schlicht und ergreifend leisten können. Daneben gilt: Nur wer das eigene Wollen von gesellschaftlichen Ansprüche zu unterscheiden vermag, entdeckt den Kompass für das Wesentliche in sich. Askese, Minimalismus und Authentizität bilden den Geist der Einfachheit.

Die Rubrik „Der Klassiker“ ist diesmal Jacques Derrida gewidmet, der die Philosophie der Dekonstruktion entwickelte. Sie ist im Kern eine Ethik der Verantwortung, die zum Ziel hat, den anderen in seiner Differenz anzuerkennen und anzunehmen. Jacques Derrida ging es unter anderem darum, Machtverhältnisse aufzulösen, und zwar über und durch die Sprache. Was der Einzelne als seine Identität begreift, so lautet seine bahnbrechende These, ist ein nachträglicher Effekt des sprachlichen Gebrauchs. Wenn man also Zeichen anders verwendet, ihre Bedeutungen aufbricht, verändert man die Wirklichkeit.

Die Gleichheit bei Mann und Frau ist sexy und erotisch

Für die Soziologin Eva Illouz sind die Frauen die großen Verliererinnen der sexuellen Revolution. Denn die Sexualität zu befreien, ohne die wirtschaftliche und politische Macht der Männer infrage zu stellen, bedeutet, Frauen in eine strukturell prekäre Lage zu bringen. Das ideale Paar für Eva Illouz sind Diderot und Sophie Volland, wobei der Mann eine Frau liebt, weil er sie als ebenbürtig wahrnimmt. Gleichheit ist ausgesprochen sexy und erotisch. Von einer Einverständniserklärung vor dem sexuellen Akt hält Eva Illouz nichts, da man Gefühle und Empfindungen ihrer Meinung nach nicht vertraglich regeln kann.

Das Buch des Monats heißt „Zeit der Zauberer“. Darin entfaltet Wolfram Eilenberger ein Panorama eines „philosophischen Jahrzehnts“ von 1919 bis 1929, in dem die großen Denker Ludwig Wittgenstein, Martin Heidegger, Walter Benjamin und Ernst Cassirer die Hauptrollen spielen. Es handelt sich dabei um eine Zeit der radikalen Suche nach neuen philosophischen Fundamenten. Diese beginnt mit einer tiefen Skepsis gegenüber der Sprache als Weltzugang. Als Denker des Möglichen und nicht des Unmöglichen, überwindet Ernst Cassirer diesen Zweifel und schreibt: „Ich kann alles, was ich brauche, ohne jede Schwierigkeit ausdrücken.“