Chris Stringer erforscht seit 50 Jahren die Evolution

Im den Urahnen des Homo sapiens beschäftigt sich der Paläoanthropologe Chris Stringer schon ein Leben lang. Der 67-jährige Brite ist einer der bekanntesten Neandertaler-Experten und arbeitet am Londoner Natural History Museum. Chris Stringer erklärt: „Die Frage, woher wir kommen, hat mich schon immer fasziniert.“ Der Forscher will verstehen, warum der Homo sapiens überlebt hat, nicht aber andere Vertreter der Gattung wie der Neandertaler, der Homo heidelbergensis oder die Denisovans. Chris Stringer fügt hinzu: „Ich will wissen, wie wir es geschafft haben, zu einer derart erfolgreichen Spezies zu werden. Na ja, wenigstens halten wir uns für erfolgreich, ich weiß nicht, ob unser Planet das auch so sehen würde.“ In seinem Buch „The Origin of Our Species“ beschäftigte sich Chris Stringer mit genau dieser Frage.

Die genetische Vielfalt half dem Homo sapiens beim Überleben

Chris Stringer erläutert: „Vor 100.000 Jahren lebten wohl sechs verschiedene Menschenarten auf unserem Planeten.“ Überdauert hat nur der Homo sapiens, der die anderen Menschenarten verdrängt hat. Zwar sei auch der Homo sapiens vermutlich einige Male fast ausgestorben, doch vor 60.000 Jahren konnten sich die modernen Menschen in Afrika entscheidend vermehren und den Kontinent auf der Suche nach neuen Lebensräumen verlassen. Chris Stringer gibt zu: „Zum Teil hatten wir einfach Glück.“

Aber vor allem sei die genetische Vielfalt des Homo sapiens groß genug gewesen, um langfristig zu überleben. Die Neandertaler mussten sich in Europa bei viel härteren klimatischen Bedingungen durchschlagen, weshalb ihre Gruppen nie entscheidend wachsen konnten. Chris Springer ergänzt: „Die sozialen Fähigkeiten, die der Homo sapiens unter diesen Bedingungen entwickeln konnte, waren außerdem sehr wichtig.“ Netzwerken half schon damals beim Kampf ums Überleben. Chris Singer stellt fest: „Wir jagten die gleichen Tiere, sammelten die gleichen Pflanzen, das setzte die anderen Menschenarten unter Druck.“

Schon die Neandertaler hatten ein Sozialleben

In den 70er- und 80er-Jahren trug Chris Stringer entscheidend dazu bei, die Theorie zu entwickeln, dass alle modernen Menschen ihre Wurzeln in Afrika haben – und die Neandertaler nicht unsere direkten Vorfahren sind. Allerdings weiß man heute, dass die Menschen noch immer 2,5 Prozent Neandertaler-Gene besitzen. Chris Stringer ist davon überzeugt, dass auch die Neandertaler irgendwie miteinander sprachen. Sie begruben ihre Toten, stellten Schmuck her, nutzten Farbpigmente und hatten ein Sozialleben.

Ein entscheidender Unterschied zum Homo sapiens, abgesehen von den kognitiven Fähigkeiten, seien jedoch die kürzere Lebenserwartung und deren soziale Folgen gewesen. Neandertaler wurden kaum älter als dreißig. Chris Stringer betont: „Ältere Menschen haben evolutionsgeschichtlich eine großen Wert.“ Sie können Wissen weitergeben, was der Gruppe helfe. In den letzten Jahren ist Chris Stringer immer klarer geworden, wie wichtig kulturelle und soziale Errungenschaften für den Fortschritt gewesen sind. Quelle: Welt kompakt

Von Hans Klumbies