Andreas Salcher gibt Tipps zur Talentförderung von Kindern

Auf sehr vielen Kindern lastet ein ungemeiner Druck. Es ist laut Andreas Salcher eine weitverbreitete Illusion vieler Eltern zu glauben, sie müssten ihren Nachwuchs nur besonders vielen Sinneseindrücken aussetzen, um ein gescheites Kind heranzuziehen. Die entscheidenden Dinge, um ein Kind wissbegierig und neugierig zu machen, sind bei den Eltern vorhanden. Andreas Salcher erklärt: „Das sind die Hände, ihre Mimik, ihre Augen, das Vorspielen, das Berühren, die Körpernähe. Es bedarf viel Zeit, Zärtlichkeit und Zuwendung. Das ist am Anfang ganz entscheidend.“ Wenn Eltern das Gefühl haben, dass sich ihr Kind für etwas ganz besonders interessiert, sollten sie es mit jemandem zusammenbringen, der sich damit gut auskennt. Dr. Andreas Salcher ist Berater, Mitbegründer der Sir-Karl-Popper-Schule, einer Schule für Hochbegabte, Buchautor und gilt als Österreichs härtester Schulkritiker.  

Die Lehrer müssen Talente und Begabungen bei den Schülern erkennen

Es ist auch sinnvoll, wenn sich die Eltern und die Großeltern mit dem Gebiet, für das sich das Kind interessiert, auseinandersetzen. Auch wenn das familiäre Umfeld sehr gut ist und die Kinder sich sehr anstrengen, können Eltern die Defizite nicht ausgleichen, wenn ihr Nachwuchs unterfordert und gelangweilt in der Schule sitzt. Andreas Salcher kritisiert: „Das ist genau der Punkt, wo Talente zerstört werden beziehungsweise Talente verloren gehen. Ab dem Schuleintritt wäre es vor allem die Aufgabe der Lehrer, Talente zu erkennen, nicht der Eltern.“

Laut Andras Salcher haben dreißig bis vierzig Prozent der Sechsjährigen zumindest in einem Bereich das Potential zu einer besonderen Begabung. Wenn dieselben Kinder im Alter von 18 oder 19 Jahren untersucht werden, reduziert sich dieses Potential auf weniger als zehn Prozent. Interessant ist für Andreas Salcher in diesem Zusammenhang auch das Phänomen des hochbegabten Schulversagers: „Wir haben in unseren Schulen Kinder sitzen, die ganz schlechte Noten haben, aber in Wirklichkeit hochbegabt sind.“

Ein begabtes Kind tut etwas gerne – aus sich heraus

Kinder, die begabt sind, merken schon früh, dass sie von anderen Kindern ausgeschlossen werden. Weil sie Fragen stellen, über die andere noch nicht einmal nachgedacht haben und sich mit anderen Dingen beschäftigen als die Mehrheit. Laut Andreas Salcher ist es für die Kinder das Schlimmste, aus der Gruppe verbannt zu werden. Die Folgen sind: „Das Kind beginnt, sein Verhalten zu ändern, die Fragen zu reduzieren, es wird immer stiller. Das kann bis zur Nichtleistung kommen.“

Den schlimmsten Fehler, den Eltern machen können, ist in die sogenannte Belohnungsfalle zu tappen. Es ist ganz schlecht, wenn Kinder nur etwas machen, um Wettbewerbe zu gewinnen oder ihren Eltern zu gefallen. Denn ihre Leistungsbereitschaft wird größtenteils in dem Augenblick verloren gehen, wo sie selbstbestimmt, selbstständig und autonom sind. Andreas Salcher erläutert: „Der entscheidende Faktor bei Begabungen ist nämlich, dass das Kind es gerne tut – aus sich heraus. Die Eltern können natürlich unterstützend sein, indem sie ihm zeigen, dass Konzentration und Disziplin notwendig sind.“

Von Hans Klumbies