Etwa 50 Millionen US-Amerikaner haben deutsche Vorfahren

Nachdem im 17. und 18. Jahrhundert Pennsylvania das Hauptziel der deutschen Einwanderer in die USA war, kamen im 19. Jahrhundert immer mehr Deutsche nach New York, um von dort in den mittleren Westen, vor allem nach Wisconsin und Ohio weiterzuziehen. Seltener siedelten sie sich in den Sklavenhalterstaaten des Südens an, eine Ausnahme davon bildete lediglich Texas. Alexander Emmerich stellt fest: „Bis zum Ersten Weltkrieg siedelten sich etwa 5,5 Millionen German-Americans in den USA an. Insgesamt betrachten sich heute etwa 50 Millionen US-Amerikaner als Nachfahren deutscher Immigranten.“ Die großen Auswanderungswellen der Deutschen nach Amerika begannen zu Beginn des 19. Jahrhunderts und stiegen ab den 1830er Jahren rapide an. Der Historiker Alexander Emmerich lehrt an der Universität Augsburg am Lehrstuhl für atlantische Kulturgeschichte.

Die politischen Flüchtlinge gründeten in den USA einige deutschsprachige Tageszeitungen

Zunächst wanderten Familien oder ganze Freundeskreise aus dem Südwesten Deutschlands in die USA, um ihre soziale wie wirtschaftliche Lage zu verbessern. In Amerika ließen sie sich in der Regel auf dem Land nieder, um dort mit Landwirtschaft ihr Geld zu verdienen. Im Laufe des 19. Jahrhunderts kamen die Auswanderer aus Deutschland vorwiegend aus dem Nordosten Deutschlands. Viele von ihnen versuchten in Amerika alleine ihr Glück. Alexander Emmerich kennt den Grund: „Ihr Ziel war, nach ein paar Jahren im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, mit vollen Taschen wieder in die alte Heimat zurückzukehren.“

Die Flüchtlinge der gescheiterten deutschen Revolution von 1848 waren laut Alexander Emmerich die einzige Gruppe von Immigranten, die aus rein politischen Gründen in Amerika eine neue Heimat suchte. Die politischen Flüchtlinge waren nicht groß an der Zahl, machten aber in Amerika schnell auf sich aufmerksam. Sie engagierten sich in der Politik und gründeten mehrere deutschsprachige Tageszeitungen, die zum Sprachrohr der Deutschen in den USA wurden.

Die Stadtteile der Deutschen in amerikanischen Städten hießen Little Germanies

Viele deutsche Immigranten fanden in Amerika allerdings nicht das Glück, das sie erwartet hatten. Sie hingen in den deutschen Stadtteilen der großen Städte fest und besaßen nur das Nötigste zum Leben. Alexander Emmerich fügt hinzu: „Diese auch als Kleindeutschland (Little Germanies) bekannten Stadtteile waren die Zentren deutscher Kultur und Lebensweise in den USA; man sprach Deutsch, feierte deutsche Feste und orientierte sich an deutschen Straßenschildern.“

Mit dem Abreißen des Stromes der deutschen Einwanderer ab dem Jahr 1893 fehlte den deutschen Institutionen in Amerika der Nachwuchs. Denn die zweite und dritte Generation der Einwanderer identifizierte sich immer mehr mit der amerikanischen Kultur, beherrschte längst die englische Sprache und hatte nicht das Verlangen, sich in rein deutschen Kreisen zu bewegen. Schon in den 1850er Jahren war in den USA eine Gegenbewegung gegen die zunehmende Einwanderung aus Deutschland und Irland entstanden. Viele protestantische Amerikaner sahen in den mehrheitlich katholischen Einwanderern, die nicht aus demokratischen Staaten kamen, eine Gefahr für ihre Demokratie.

Von Hans Klumbies