Ein Mensch sollte seinem Körper gegenüber Geduld aufbringen

Michel de Montaigne (1533 – 1592) geht das Leben lockerer an als beispielsweise Diogenes und Epikur, indem er als praktische Antwort auf sein theoretisches Zweifeln seiner persönlichen Vorlieben zur Richtschnur seines Umgangs mit sich selbst und seiner Gesundheit macht. Ein bedürfnis- und empfindungsreicher Umgang mit Krankheiten verlangt allerdings, dass ein Mensch seinem Körper gegenüber Geduld aufbringt. Ludger Pfeil erklärt: „Wir sollten den jeder Unpässlichkeit eigenen Lebenszyklus von Entstehung, Entfaltung, Höhepunkt, Abklingen und Vergehen nicht zu beschleunigen suchen.“ Michel de Montaigne will „den Krankheiten Durchlass gewähren“ und glaubt, dass sie dann weniger hartnäckig und von kürzerer Dauer sind, wenn sie nicht behandelt werden. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

Der Genuss zählt zu den wesentlichsten Dingen im Leben eines Menschen

Die Medizin hat seit den Zeiten von Michel de Montaigne unwidersprochen Fortschritte gemacht. Zu der Vermutung, dass sie weiterhin zu Übertreibungen neigt, gibt andererseits nicht nur die enorme Zahl orthopädischer Operationen Anlass, sondern auch die Inflation neuer medikamentös zu behandelnder Diagnosen im psychischen Bereich. Am Ende empfiehlt Michel de Montaigne bei solch undurchsichtigen Angelegenheit die Orientierung an dem, was einem angenehm ist: „Ist es eine lecker Arznei, so nehmt sie; ihr gewinnt damit immer so viel gegenwärtige Lust.“

Michel de Montaigne fügt hinzu: „Ich werde mir weder über den Namen noch über die Farbe Gedanken machen, wenn sie köstlich und wohlschmeckend ist. Der Genuss zählt zu den wesentlichsten Dingen, die wir gewinnen können.“ Michel de Montaigne fordert zudem eine selbstaufmerksame Grundausrichtung. Das heißt, möglichst nur immer eine Sache zu einer Zeit verrichten und dabei auch bei der Sache zu bleiben: „Wenn ich tanze, so tanze ich; wenn ich schlafe, so schlafe ich.“

Ein Mensch sollte ein befriedigendes und naturgemäßes Leben führen

Den natürlichen Impulsen darf ein Mensch laut Michel de Montaigne gerne vertrauen und nachkommen. Dabei kommt es nicht nur auf Betätigung an. Wer Aktivität und ihre greifbaren Ergebnisse zum alleinigen Wertmaßstab seiner Handlungen macht, vergisst, dass es letztlich um eine befriedigende, naturgemäße Lebensführung geht. Michel de Montaigne schreibt: „Unser großes und herrliches Meisterwerk ist: richtig leben. Alle anderen Dinge, Herrschen, Schätze sammeln, Bauen, sind höchstens Anhängsel und Beiwerke.“

Michel de Montaigne bewegt sich bereits an der Grenze zum Genießer. Seine Grundorientierung des überlegten Umgangs mit Freuden und Leiden steht jedoch noch ganz in bester epikureischer Tradition: „Ich gebiete meiner Seele, Schmerz und Lust mit gleich ruhigem und gleich festem Blick zu betrachten, doch heiter den einen und ernst die andere, und bestrebt, so viel an ihr ist, den Schmerz zu stillen und die Lust zu mehren. Der rechte Blick für das Gute bringt auch den rechten Blick für das Üble. Der Schmerz hat in seinem sachten Beginne etwas, dem man nicht ausweichen soll, und die Lust in ihrer letzten Übersteigerung etwas, das es zu meiden gilt. Quelle: „Du lebst, was du denkst“ von Ludger Pfeil

Von Hans Klumbies