Die amerikanische Notenbank Fed neigt zur Mutlosigkeit

Die amerikanische Zentralbank Federal Reserve, kurz Fed genannt, feiert in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag. Anlässlich des Jubeljahres haben die amerikanischen Ökonomen Christina und David Romer von der Universität Berkeley aufsehenerregende Analyse der Geschichte der Fed vorgestellt. In ihrer Studie vertreten sie die These, dass eine Zentralbank immer dann versagt, wenn die Notenbanker sich selbst nicht wichtig genug nehmen und die Macht ihrer Geldpolitik unterschätzen. Das ist nicht mehr und nicht weniger als ein Frontalangriff auf die von Zentralbankern gerne gepflegte Ansicht, dass ihre vornehmste Pflicht die Demut sei. David Romer sagt: „Bescheidenheit, wenn sie nicht angebracht ist, kann desaströse Folgen haben.“ Als Beleg für ihre These führen Christina und David Romer die beiden Episoden an, in denen die Federal Reserve nach genereller Einschätzung der allermeisten Ökonomen versagt hat: die dreißiger und siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts.

Die Zentralbanker vertrauten ihrer eigenen Geldpolitik nicht mehr

Während der Großen Depression vertraten die meisten Mitglieder der Fed die Meinung, dass die Geldpolitik gegen die Wirtschaftskrise machtlos sei. Sie glaubten nicht daran, mit billigem und im Überfluss vorhandenen Kredit, die wirtschaftliche Erholung beschleunigen zu können. In den späteren Jahren kam zu diesem Glauben an die eigene Machtlosigkeit noch die Sorge hinzu, dass eine monetäre Expansion die Inflation verschärfen würde, obwohl sich die Wirtschaft in einer mühevollen Erholungsphase befand.

Im Ergebnis ließ eine passive Federal Reserve einen dramatischen Niedergang der Geldmenge zu, der die Wirtschaft später völlig ruinierte. Später straffte die Zentralbank die Geldpolitik zu schell, wodurch eine zweite Rezession verursacht wurde. Auch während der großen Inflation in den siebziger Jahren vertrauten die Zentralbanker ihrer eigenen Geldpolitik nicht mehr. Der Fed-Vorsitzende Arthur Burns erklärte 1971 vor dem Kongress: „Selbst eine lange Zeitspanne der hohen und steigenden Arbeitslosigkeit mag nicht ausreichen, um den Inflationsprozess in den Griff zu bekommen.“

Paul Volcker trieb den Amerikanern den Inflationsvirus durch monetäre Disziplin aus

Die Ökonomen der Fed glaubten damals, dass ein Sockelinflation von vier Prozent nicht mehr wegzubekommen sei. Die Zentralbanker fürchteten sich zudem vor einer steigenden Arbeitslosigkeit, die eine strikte Antiinflationspolitik hervorrufen könnte. Das Ergebnis dieser Mutlosigkeit war Stagflation: geringes Wirtschaftswachstum, gekoppelt mit hoher Arbeitslosigkeit und hoher Inflation. Erst der Fed-Vorsitzende Paul Volcker trieb den Amerikanern den Inflationsvirus durch monetäre Disziplin aus.

Paul Volcker erhöhte Anfang der 80er Jahre den Leitzins auf 20 Prozent, um die Inflation von auf dem Höhepunkt von 13,5 Prozent zu senken. Durch diese Maßnahme durchlief die amerikanische Wirtschaft eine kurze und heftige Anpassungsrezession, aber die Arbeitslosigkeit ging rasch zurück. Auch in der heutigen Krise bewegt sich die Zentralbank auf nahezu unbekanntem Terrain. Die Fed kann angesichts der Unsicherheit nur versuchen, Kosten und Nutzen ihrer Geldpolitik zu erfassen, darf dabei aber nicht in Passivität verfallen.

Von Hans Klumbies