Das Wohlbefinden hängt stark von der sozialen Umgebung ab

Die Vorstellung, Glück ließe sich ganz individuell und unabhängig von allen anderen verwirklichen, ist reichlich weltfremd. Ulrich Schnabel ergänzt: „Ein falsch verstandenes, zwanghaft positives Denken, das alles Negative ausblendet und nur rosarote Brillen zulässt, bringt am Ende mehr Unglück als Glück hervor.“ Schließlich hängt das Wohlbefinden eines Menschen stark von der sozialen Umgebung ab, von Freunden, Partnern, Arbeitskollegen et cetera. Zufriedenheit, so zeigt auch eine Langzeitstudie der Harvard University, hat vor allem mit Beziehungen zu tun. Studienleiter George Vaillant erklärt: „Den größten Einfluss darauf, ob ein Leben gelingt, hat Bindung. Und dabei geht es nicht unbedingt um die Bindung zum Lebenspartner, sondern eher um die grundsätzliche Beziehung zu anderen Menschen, also im Sinne einer altruistischen und empathischen Verbindung.“ Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

Die Korrektur eines Verhaltens gelingt selten durch Einsicht

Schmerzen sind in der Regel eine Aufforderung, etwas zu verändern. Mitunter sind sie sogar die einzige Möglichkeit, eine nachhaltige Veränderung des Verhaltens zu bewirken. Denn wenn man ehrlich ist, gilt: die meisten Menschen sind träge Gewohnheitstiere. Kaum etwas fällt einem so schwer wie die Korrektur eingeschliffener Verhaltensweisen. Und in den seltensten Fällen gelingt dies durch Einsicht und Vernunft. Meist bequemen sich viele Menschen erst dazu, wenn es wirklich nicht mehr anders geht – zum Beispiel weil ein peinigender Schmerz sie dazu zwingt.

Der Neuropsychologe Stefan Schmidt vom Uniklinikum Freiburg erläutert: „Schmerz ist ja ein Warnsignal. Das sollte man nicht ignorieren, sich davon aber auch nicht lähmen lassen.“ Verdrängen und Verharmlosen sind ebenso wenig hilfreich wie eine ängstliche Vermeidungsstrategie. Falsch ist es auch, wenn man den Schmerz katastrophisiert und ihn gewissermaßen zu seinem Lebensinhalt macht, denn damit fördert man eher seine Chronifizierung. Man muss lernen, den Schmerz zu akzeptieren und damit zu arbeiten.

Alles Lebendige kann Lust wie Schmerz empfinden

Der Biologe Andreas Weber sagt: „Leben ist immer auf der Kippe, ist immer vom Zerfall bedroht, ist nie vollkommen. Und gerade dieses ständige Scheitern-Können ist ein Motor von Imagination, Kreativität, von möglicher Schöpfung.“ Wirklich schmerzbefreit sind nur tote Dinge – Steine, Holzklötze oder Maschinen. Alles Lebendige dagegen ist untrennbar mit der Fähigkeit verbunden, ebenso Lust wie Schmerz zu empfinden. Schließlich ist es gerade die Verletzlichkeit, die den Menschen als lebendes Wesen auszeichnet.

Gefühle ergreifen einen Menschen unmittelbar und spontan und kümmern sich wenig um rationale Argumente. Das gilt für Ausbrüche der Freude ebenso wie für negative, peinliche oder schmutzige Gefühle. Sie alle besitzen die ungeheure Macht des: „Es ist so.“ Der Religionsphilosoph Ingolf U. Dalferth sagt: „Wir können Gefühle nicht entweder haben oder auch nicht, sondern wir können uns zu den Gefühlen, die wir haben, nur so oder anders verhalten.“ Menschen haben nicht nur Gefühle, sondern sie sind, was sie fühlen. Quelle: „Was kostet ein Lächeln?“ von Ulrich Schnabel

Von Hans Klumbies