Burn-out verstärkt und beschleunigt viele Krankheiten

„Ich fühl mich leer, ich kann nicht mehr!“ Immer mehr Menschen fühlen sich überfordert, erschöpft und ausgebrannt. Manche sind innerlich schon so empfindungslos, dass erst ein Schlag von außen sie wieder zur Besinnung bringt. Sie erleiden Panikattacken, eine Hörsturz oder einen Schlaganfall. In solchen Fällen lautet die Diagnose des Arztes in den meisten Fällen: Burn-out. Reinhard K. Sprenger stellt fest: „Das ist zwar selbst keine Krankheit, aber ein Risikozustand, der in eine handfeste Krankheit münden kann.“ Zumeist in eine Depression. Und Burn-out verstärkt und beschleunigt viele Krankheiten wie Kreuzschmerzen, Alzheimer, Herzinfarkte, Knochenerosion, Muskelschwund, Altersdiabetes, männliche Impotenz. Zahllose Studien zeigen auch, dass die Lebenserwartung sinkt. Zumeist in eine Depression. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

Die Diagnose Burn-out ist in acht Jahren um 2.000 Prozent gestiegen

Burn-out ist in der Tat ein gesellschaftliches Problem. Im Jahr 2000 wurden in Deutschland 4,6 Krankheitstage pro 1.000 Versicherte dem Burn-out zugeschrieben; 63,2 Tage waren es 2010, im Jahr 2012 schon 87,5 Zwangspausen für die Pausenlosen. Das ist eine Steigerung um 2.000 Prozent in acht Jahren. Und ein Einfallstor für Frühverrentung, die die Sozialkassen belastet. Burn-out gibt es mittlerweile unter ganz normalen Leuten und in fast allen Berufsgruppen. Die ständige Berichterstattung in den Medien tun ein Übriges, von Politik und Pharmaindustrie gleichermaßen betrieben.

Wenn Reinhard K. Sprenger die einschlägige Publizistik verfolgt, kann er sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Arbeitsplatz ein seelisches Kriegsgebiet ist. Gefühle, die man früher als schlechte Laune, Müdigkeit oder Überarbeitung abtat, werden nun Burn-out genannt, die Unterforderung heißt Boreout und der Ärger im Büro trägt den Namen Mobbing. Man hat es hier also mit dem klassischen Fall zu tun, bei dem der Begriff die Krankheit nicht abbildet, sondern erzeugt. Es gibt Hinweise, dass die Existenz solcher Begriffe die Menschen tatsächlich krank macht.

Ein Gesunder ist nur ein schlecht untersuchter Kranker

Zum anderen darf man die Berechtigungsfunktion von Krankheit nicht übersehen. Es ist attraktiv, sich mit dieser Wortmedaille zu schmücken. Man nimmt den Ausgebrannten ernst, während man ihm früher „Reiß dich zusammen!“ zugerufen hätte. Oder ihn nicht für ganz zurechnungsfähig hielt. Dann die Erweiterung zum Burn-out-Syndrom – keine Marketingkampagne hätte sich einen besseren Begriff ausdenken können. Syndrom lässt alles ein bisschen unscharf und geheimnisvoll daherkommen.

Aus der einst herabsetzenden Gemüts- oder Nervenschwäche wird eine sozial akzeptierte Störung. Und es stimuliert eine riesige Industrie, die mit ihrem Angebot die Nachfrage erzeugt und immer größere Stücke am Gesundheitskuchen für sich reklamiert. Reinhard K. Sprenger fügt hinzu: „Sie sorgt dafür, dass der Krankheitsbegriff immer weiter gefasst wird, so dass es zunehmend schwer ist, als gesund zu gelten. Ein Gesunder ist nur ein schlecht untersuchter Kranker.“ Man kann sich also mit Burn-out sehen lassen, sogar ein wenig damit auftrumpfen – und vor allem die Verantwortung an der persönlichen Krise weit von sich weisen. Quelle: „Die Entscheidung liegt bei dir!“ von Reinhard K. Sprenger

Von Hans Klumbies