Als Rebekka Reinhard Philosophie studierte, wurde sie oft gefragt, wovon sie leben will. Damals hatte sich auch noch keinen Plan. Aber eines wurde ihr dann klar: „Während der Promotion habe ich gemerkt, ich bin nicht so der Uni-Typ. Das Denk-Beamtentum, das da vorherrschte hat mir nicht getaugt.“ Rebekka Reinhard war trotz Bestnoten frustriert und beschloss Schriftstellerin zu werden. Es ist ihr aber nicht gelungen, etwas zu veröffentlichen und sie kam dadurch zunehmend in eine Krise. Diese Zeit war auch finanziell für sie sehr schwierig. Sie hat nur ein paar wissenschaftliche Artikel veröffentlicht und das war´s. Rebekka Reinhard ist freie Philosophin in München und verdient ihr Geld mit Beratung sowie mit Büchern wie „Die Sinn-Diät oder Artikeln für die Philosophiezeitschrift „Hohe Luft“.
Schizophrenie hat viel mit Philosophie zu tun
Und dann hatte Rebekka Reinhard ein Schlüsselerlebnis, als in ihrem Umfeld jemand psychisch erkrankte: „Es rüttelte mich auf in meiner überintellektualisierten Elfenbeinturm-Existenz. Ich setzte mich dann mit psychiatrischen Themen auseinander.“ Die Philosophin wollte nicht so weitermachen, aus finanziellen und existenziellen Gründen. Ihre eigene Existenz kam ihr verschenkt vor. Eine Existenz ist ihrer Meinung nach dann verschenkt, wenn sie nicht gelebt ist. Dann kam Rebekka Reinhard auf die Idee mit der philosophischen Beratung: „Philosophie praktisch machen in unserer orientierungslosen Zeit. So baute ich mir nach und nach ein Geschäftsmodell auf.“
Mit dem ausschließlichen Schreiben hat sich Rebekka Reinhard wie in einem Sparflammen-Leben gefühlt: „In kreativen Berufen zu arbeiten, wenn Sie immer Geldsorgen haben, ist wahnsinnig schwer. Ich saß die ganze Zeit allein zu Hause und schrieb. Da wird man asozial und hypochondrisch.“ Der psychisch Kranke im Umfeld von Rebekka Reinhard litt an Schizophrenie. Eine Krankheit, die ihrer Meinung nach viel mit Philosophie zu tun hat: Es geht viel um den Verlust von Identität. Rebekka Reinhard erklärt: „Schizophrene sind sehr verletzbar, können sich schlechter schützen vor Umwelteinflüssen und Informationen jeglicher Art.“
Rebekka Reinhard möchte ihre Zuhörer zum Nachdenken bringen
Rebekka Reinhard hat in einer Psychiatrie hospitiert und konnte dort ihre philosophische Beratung an den Patienten erproben. Die philosophische Beratung wird dabei auf freiwilliger Basis angeboten. Rebekka Reinhard erläutert: „Es geht auch nur, wenn es ihnen nicht zu schlecht geht. Bei schizophrenen Menschen kann es die Lage verschlimmern, wenn sie anfangen über das Sein und das Nichts nachzudenken.“ Das Geschäftsmodell von Rebekka Reinhard besteht inzwischen aus philosophischer Beratung gegen Honorar, ihren Büchern, Redaktionstätigkeit, Artikel, Vorträge in Kulturinstituten, bei ärztlichen Fortbildungen, Softwareherstellern, Autounternehmen, Kosmetik-Firmen und Unternehmensberatungen.
Dabei erzählt sie beispielsweise den Jungs von McKinsey etwas über den Tod: „Da müssen die durch. Ich mach kein lauwarmes Experten-Geplänkel.“ Ihr Geschäftsmodell ist für Rebekka Reinhard ideal. Denn da kann sie sowohl ihre introvertierte als auch ihre extrovertierte Seite ausleben. Rebekka Reinhard möchte folgendes mit ihren Vorträgen erreichen: „Ich möchte die Zuhörer aufwecken, sie zum Nachdenken bringen. Dass sie mal den Gedanken zulassen, dass Glück nich nur am Erfolg hängt, so wie es einem heute eingetrichtert wird.“ Quelle: Süddeutsche Zeitung
Von Hans Klumbies