Schlafmangel führt zu körperlichen und seelischen Leiden

Kinder schlafen fast doppelt so viel wie Erwachsene. Kaffee und Aufputschmittel halten Menschen wach, Schlafentzug macht sie unkonzentriert. Wenn Menschen über längere Zeit nicht schlafen dürfen, holen sie das Versäumte mit einer Extraportion ganz tiefem Schlaf nach. Offenbar ist der Schlaf so lebenswichtig, so grundlegend, dass die Biologie seine Basis seit Urzeiten nicht mehr veränderte. Auch alle Tiere schlafen – selbst Fadenwürmer, Flusskrebse und Küchenschaben. Immer mehr spricht dafür, dass der Schlaf mit der Erfindung der Nervensysteme auf die Welt kam. Peter Spork erklärt: „Denn dieses System, vom simplen Nervennetz bis zum hochkomplexen Gehirn, ist nicht nur ein Alleinstellungsmerkmal der Tiere. Es scheint auch in besonderer Weise vom Schlaf zu profitieren.“ Der Neurobiologe Peter Spork ist Wissenschaftsjournalist.

Ohne Schlaf verlieren Gehirne die Fähigkeit der Erinnerung

Ohne Schlaf können Gehirne auf Dauer nicht lernen, sie verlieren die Fähigkeit der Erinnerung, zum kreativen Denken und zur internen Kommunikation. Der Tübinger Hormon- und Schlafforscher Jan Born sagt: „Schlaf schafft klare Vorteile für das Gehirn. Ausgeschlafene Menschen sind schlauer als andere.“ Der Mensch muss schlafen, damit sein Gehirn funktionieren kann. Im Schlaf vergrößert sich der räumliche Abstand zwischen den Zellen des Gehirns und es beginnt im Denkorgan ein Art Großreinemachen.

Im Schlaf durchflutet Gehirnflüssigkeit die Räume zwischen den Nervenzellen und transportiert schädliche Abbauprodukte ab, die sich während der letzten Wachzeit angehäuft haben. Schwedische Schlafforscher entdeckten, dass im Blut von jungen Menschen nach einer Nacht Schlafentzug bestimmte Substanzen vermehrt vorkommen, die beim Absterben von Nervenzellen auftreten. Der amerikanische Schlafforscher Alan Hobson stellt fest: „Schlaf kommt vom Gehirn, wird vom Gehirn gemacht und vom Gehirn gebraucht.“

Bei chronischem Schlafmangel altern Menschen schneller

Trotz dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse, setzen sich viele Menschen ständig über ihr Schlafbedürfnis hinweg und halten dabei alles für wichtiger, als ausgeschlafen zu sein. Peter Spork erläutert: „Jede noch so kleine Zerstreuung ist es uns wert, ihretwegen auf Schlaf zu verzichten.“ Schon bei vergleichsweise geringem Schlafentzug reagieren die Zellen des Stoffwechsels von Körper und Gehirn empfindlich. Eine Vielzahl ihrer Gene wird komplett anderes reguliert. Das biochemische Gleichgewicht im Innersten des Menschen wankt und damit steigt das seelische wie körperliche Risiko einer Erkrankung.

Chronischer Schlafmangel lässt zudem die Menschen schneller altern. Peter Spork fügt hinzu: „Er schwächt das Immunsystem. Er hindert Kinder am Wachsen. Er verschlechtert die Stimmung und erhöht die Gefahr für nahezu alle psychischen Leiden. Zudem erhört er das Risiko für Stoffwechselstörungen aller Art, etwa Diabetes oder Herzinfarkt. Und – für viele der entscheidende Punkt – er macht uns auf Dauer dick.“ Theoretisch ist es kein Problem, mal für einige Zeit zu wenig zu schlafen. Das Problem beginnt dann, wenn die Menschen es versäumen, das negative Schlafkonto auszugleichen. Quelle: „Wake up!“ von Peter Spork

Von Hans Klumbies