Wer neu mit der Meditation beginnt, hat oft sehr große Erwartungen. Vor allem aber werden diejenigen am meisten frustriert sein, die mit allen Mitteln einen entspannten Zustand herbeiführen wollen. Dr. Ulrich Ott vom Bender Institute der Justus-Liebig-Universität Gießen erklärt: „Meditation ist kein Mittel, das man anwendet, und dann kommt Entspannung raus.“ Aber sie kann sich als positiver Nebeneffekt jederzeit einstellen. Denn die guten Gefühle sind wie ein Geschenk, das der Meditierende bekommt, ohne dass er es erwarten darf – und dann kann es überraschend schön sein. Manchmal werden einem in der Meditation aber auch Dinge präsentiert, die man schon länger mit sich herumträgt, aber bisher erfolgreich verdrängen konnte. Ulrich Ott erläutert: „Geübte können beim Meditieren zwar ganz gut aus der Hektik des Alltags aussteigen und entspannen. Bei Anfängern kommt es aber manchmal auch zu einer Art Erstverschlimmerung.“
Die Achtsamkeitsmeditation ist wissenschaftlich gut erforscht
Denn wer bei der Meditation nur still dasitzt und in Kontakt mit sich selbst kommt, spürt mitunter erst dann so richtig, wie schlecht es ihm eigentlich geht. Einfach sitzen, den Körper gerade halten und zu meditieren beginnen. Bei Menschen, die ein Talent dafür haben, kann das auf Anhieb klappen – andere müssen dazu mehr Geduld aufbringen. Auch die Unterstützung durch einen ausgebildeten Lehrer oder einer Gruppe kann hilfreich sein. Gute Angebote sind aber nicht immer einfach zu finden. Ulrich Ott warnt: „Man kann leicht auf Scharlatane hereinfallen. Manchmal ist auch das, was in Kursen gemacht wird, sehr oberflächlich.“
Ulrich Ott fügt hinzu: „Wie viel Religion und Spiritualität jeweils dabei sind, variiert sehr stark. Im medizinisch-therapeutischen Bereich wird Meditation in der Regel weltanschaulich neutral unterrichtet.“ Wissenschaftlich gut erforscht ist die sogenannte Achtsamkeitsmeditation. Sie ist ein wichtiger Teil des Programms „Stressbewältigung durch Achtsamkeit“, das auch unter der Abkürzung MBSR bekannt ist. Ein wesentliches Element der Achtsamkeitsmeditation ist das Wahrnehmen, was im Moment ist.
Viele Menschen machen sich das Leben oft selbst schwer
Der Meditierende betrachtet bei der Achtsamkeitsmeditation seine positiven und negativen Gefühle und Gedanken, die sich einstellen, sozusagen mit einer wohlwollenden, nicht wertenden Haltung – und akzeptiert die Dinge so, wie sie jetzt gerade sind. Die Psychologin und Neurowissenschaftlerin Dr. Britta Hölzel, die an der Harvard Medical School in Boston und ab dem Frühjahr auch an der Technischen Universität in München forscht, erläutert: „Es geht auch darum, unsere eigenen Vorstellungen und Widerstände gegen bestimmte Dinge loszulassen und zu erkennen, dass wir uns vieles oft selbst schwer machen.“
Britta Hölzel ergänzt: „Denn dieses andauernde innere Wollen oder das Anders-haben-Wollen lässt uns häufig mehr ins Leid sinken.“ Wehrt sich ein Mensch ständig gegen eine Situation, die ihn belastet, blockiert er dadurch viele seiner Ressourcen. Das schränkt stark die Möglichkeit ein, kreativ mit Schwierigkeiten umzugehen und verstärkt diese unter Umständen sogar. Nicht immer ist einem selbst bewusst, was Stress auslöst und warum bestimmte Situationen immer wieder aus dem Ruder laufen. Das Kultivieren von Achtsamkeit trägt dazu bei, das herauszufinden und die dabei zugrunde liegenden Muster zu durchschauen. Quelle: Apotheken Umschau
Von Hans Klumbies