Es gibt keine „veganen Gesellschaften“

Tierische Lebensmittel spielen in allen Ländern der Welt, bei ausreichender Verfügbarkeit, immer eine bedeutende Rolle. Malte Rubach weiß: „Entgegen vielfacher Behauptungen gibt es keine „veganen Gesellschaften“. Es gibt höchstes religiös-kulturell bedingten Verzicht oder schlicht kein Angebot an tierischen Lebensmitteln.“ Selbst wenn das Angebot vorhanden ist, dann ist natürlich der Preis auch ausschlaggebend. Sobald das Einkommen steigt, investieren Menschen jeden zusätzlichen Dollar überproportional und Milch und Fleisch. Leider geben sie ihr zusätzliches Einkommen auch für Alkohol, Tabak, gesüßte Getränke, Snacks und Elektronik aus. Das liegt schlicht an der hohen Nährstoffdichte von Milch und Fleisch, mit der sich der Bedarf an Mikronährstoffen einfacher decken lässt. Ansonsten wäre dafür eine gezielte Auswahl pflanzlicher Lebensmittel nötig. Der Referent und Buchautor Dr. Malte Rubach hat Ernährungswissenschaften in Deutschland, der Türkei und den USA studiert.

Ausreichendes Essen führt zu psychologischer Entspannung

Gutes Essen zählt zu den Dingen, die den Alltag etwas schöner machen. Auch kulturelle Bräuche wie Mitgiften für Hochzeiten, Geburtstage und Trauerfeiern kosten überproportional viel Einkommen. Für die Philippinen berechnete man, dass kaufkraftparitätisch eine ausreichende Kalorien- und Proteinversorgung für 21 US-Cent pro Tag möglich ist. Leider bestünde diese Ernährung ausschließlich aus Bananen und Eiern. Die Ursache für Mangelernährung liegt dennoch weder zwangsweise an der Verfügbarkeit noch an der Kaufkraft.

Malte Rubach stellt fest: „Würden die Ausgaben für Tabak, Alkohol und das Feiern von Festen eingeschränkt, könnte bis zu 30 Prozent mehr verfügbares Einkommen ausgegeben werden.“ Doch die Menschen verfügen oftmals über falsche oder keine Informationen darüber, welche Vorteile ihnen mittelfristig durch ausreichende Nahrung entstehen würden. Ihre Produktivität stiege deutlich an, was sich wiederum auf das Einkommen auswirken würde. Ihr Körper wäre besser gegen Erkrankungen gewappnet, und ausreichende Ernährung führt auch zu einer psychologischen Entspannung.

Zu wenig Kalorien und Protein bedeutet Wachstumsverluste

Die Menschen geben jedoch nicht mehr Geld für mehr Kalorien aus, sondern für teurere Kalorien. Fleisch und Fisch werden überproportional mehr eingekauft, dafür weniger Getreide. Dabei wäre beides im richtigen Verhältnis möglich und vorteilhaft, um Proteine und Mikronährstoffe wie Eisen sowie Zink im ausreichenden Maß über Fleisch aufzunehmen und durch Getreide ausreichend Kalorien und auch Ballaststoffe zu gewährleisten. Getreide aber kennen ärmere Menschen bereits aus ihrem Alltag.

Deshalb sind sie wie jeder Mensch geneigt, für etwas Abwechslung zu sorgen, wenn es sich einmal anbietet. Malte Rubach ergänzt: „Manche Menschen sind sogar bereit, bei mehr verfügbarem Einkommen noch weniger zu essen, um auf einen Fernseher hin zu sparen, wenn dieses Ziel realistisch erscheint.“ Darunter leiden dann auch Familienmitglieder, vor allem die Kleinsten. Zu wenig Kalorien und Protein bedeutet Wachstumsverluste. Die Hälfte der Kinder unter fünf Jahren in Indien gilt als klein- oder minderwüchsig. Quelle: „Die Ökobilanz auf dem Teller“ von Malte Rubach

Von Hans Klumbies