Die Bevölkerung kann in der Klimafrage die Führung übernehmen

Wissenschaftler schätzen, dass im Jahr 2050 zwischen neun und zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben werden. Auf die Frage, ob die Menschheit diese Menschenmenge verkraften kann, antwortet der ehemalige UN-Generalsekretär und Friedensnobelpreisträger Kofi Annan: „Wir können bereit sein, wenn es uns gelingt, den Klimawandel anzugehen, Nachhaltigkeit und genug Nahrung für alle zu garantieren.“ Aber schon bei sieben Milliarden Menschen lastet auf der Erde ein gewaltiger Druck. Immer mehr Menschen steigen in die Mittelklasse auf und essen verstärkt Fleisch. Wenn die Menschheit weiter so wächst, muss sich einiges auf der Erde zum Guten wenden. Laut Kofi Annan wird die Macht von einzelnen Individuen in diesen großen Fragen oftmals unterschätzt. Der einzelne Mensch hat seiner Meinung nach durchaus Macht, vor allem über Entscheidungen, die sie treffen und über das was sie kaufen. Darüber können sie einen Druck ausüben.

Ein grüner Umbau der Wirtschaft könnte die nächste ökonomische Revolution auslösen

Kofi Annan behauptet, dass inzwischen selbst Schwellenländern wie China und Brasilien klar geworden ist, dass sie etwas gegen den Klimawandel tun müssen. Der ehemalige UN-Generalsekretär lobt Deutschland, das mit der Energiewende voraus geht. Das ist für ihn ein Beispiel, dem andere folgen müssen. Kofi Annan erklärt: „Ein grüner Umbau der Wirtschaft, wenn man ihn erst nimmt und wenn er gelingt, wird einen ebenso großen Effekt haben wie die industrielle Revolution. Auch Ökonomen sagen uns das.“

Die Menschheit hat keine andere Wahl, wenn sie überleben will. Kofi Annan weiß, dass viele daran zweifeln. Aber er ist felsenfest davon überzeugt, dass der Klimawandel da ist und dass kein Land, sei es arm oder reich, den schrecklichen Folgen ausweichen kann. Deshalb muss die Klimafrage wieder in den Mittelpunkt der Politik rücken. Auch das Volk kann seiner Meinung nach die Führung übernehmen, wenn die politischen Anführer es nicht tun. Kofi Annan sagt: „Das Volk kann sie zwingen, ihm zu folgen.“

Europa kann man nicht zu einer Festung ausbauen

Kofi Annan weiß natürlich auch, dass zwischen dem reichen Norden und dem armen  Süden noch immer eine riesige Kluft besteht. Auf die Frage, was ihm die Bilder aus Lampedusa sagen, antwortet er: „Es ist unmöglich, eine Festung Europa zu bauen. Jeder Versuch ist zum Scheitern verurteilt. Migration passiert seit Jahrtausenden, sie lässt sich nicht aufhalten. Man muss sie managen. Die Zielländer müssen diese Migranten aufnehmen. Und die Migranten müssen Traditionen und Gesetze respektieren.“

Viele Länder fühlen sich laut Kofi Annan überfordert, weil sie nicht verstehen, was Migration bedeutet. Es ist eine der schwersten Entscheidungen, zu packen und seine Heimat zu verlassen. Es muss bei den Betroffenen unglaublicher Mut und große Verzweiflung vorhanden sein. Umgekehrt können manche Länder wie Deutschland, Italien oder Japan ihren Lebensstandard langfristig gar nicht ohne Migranten aufrechterhalten, da ihre Bevölkerung schrumpft. Quelle: Süddeutsche Zeitung

Von Hans Klumbies