Heinrich von Kleist hatte zu Lebzeiten keinen literarischen Erfolg

In der Zeit, in der Heinrich von Kleist lebte, hätte wohl kaum jemand so viel zukünftigen Ruhm und Anerkennung für ihn erwartet, am wenigsten wohl er selbst. Heinrich von Kleist kommt am 17. Oktober 1977 in Frankfurt an der Oder in einer pflichtbewussten Militärfamilie zur Welt. Er wird in eine aufregende und aufgeregte Zeit hinein geboren. Am Vorabend der Französischen Revolution steht Europa vor einer seiner größten Strukturkrisen seiner Geschichte. Während die neue Klasse des Bürgertums immer stärker wird, klammert sich der Adel an alte Konventionen und Privilegien. Auch in der Familien von Kleist herrscht die alte preußische Gefühlskultur. Die berufliche Zukunft des Sohns scheint klar vorgezeichnet. Auf eine kühle aristokratische Erziehung, weitgehend von Hauslehrern besorgt, folgt idealerweise eine Karriere beim Militär, eventuell eine Laufbahn im preußischen Beamtentum.

Heinrich von Kleist quittiert den Militärdienst

Im Alter von gerade einmal 15 Jahren tritt Heinrich von Kleist ins dritte Bataillon des Garderegiments Potsdam ein. Hier herrscht eine gnadenlose Disziplin, die zu einer hohen Selbstmordrate unter den Kindersoldaten führt. Heinrich von Kleist bleibt sieben Jahre beim Militär. Dann hat er genug von dem elenden Puppenspiel auf den Kasernenhöfen und quittiert den Dienst. Damit verletzt er nicht nur ungeschriebene Anstandsregeln, sondern gibt auch die Aussicht auf eine relativ gesicherte Zukunft auf.

Heinrich von Kleist will studieren, ein Mann der Wissenschaft werden, hinter die Dinge blicken. Doch dann verschwindet er im Sommer 1800 plötzlich einige Wochen von der Bildfläche und reist nach Würzburg. Zurück an der Uni, bekommt Heinrich von Kleist eine Krise und schmeißt das Studium hin. Er behauptet, dass daran Immanuel Kant schuld gewesen sei, dessen Werke ihm die Augen geöffnet hätten. Bisher war die Suche nach der absoluten Wahrheit der Antrieb seines Lernens, jetzt erscheint sie ihm absurd.

1807 schreibt Heinrich von Kleist sein Meisterwerk „Penthesilea“

Vom Abbruch des Studiums im Frühjahr 1801 bis zu jenem 21. Novembertag, an dem sich Heinrich von Kleist eine Kugel in den Mund schießen wir, sind es noch zehn Jahre. Zehn rastlose, scheinbar ziellose, aber literarisch ungeheuer produktive Jahre. Nichts von alldem, das Heinrich von Kleist ausprobiert und erfährt, geht verloren, alles fließt irgendwann ein in den Kosmos seiner Dramen, Novellen und Essays. Im Jahr 1802 schreibt er sein erstes Drama „Die Familie Schroffenstein“, eine düstere Geschichte um verbotene Liebe, unstillbaren Hass, unglückliche Zufälle und eine Mord.

Die Jahre zwischen 1807 und 1809 sind die produktivsten des Dichters und dabei vielleicht die unruhigsten. 1807 entsteht sein Meisterwerk „Penthesilea“ – bis heute das extremste Theaterstück in deutscher Sprache. Die Helden des Dramas, eine Amazonenkönigin und der Krieger Achill, lieben, hassen und zerfleischen sich. Am Ende hetzt Penthesilea die Hunde auf den Geliebten. Für Heinrich von Kleists Zeitgenossen ist das noch unzumutbarer Stoff. Es folgen die Stücke „Amphytrion“ und „Käthchen von Heilbronn“.

Auch die von Heinrich von Kleist verfasste Meisternovelle „Die Marquise von O.“ scheint die Leserschaft ob ihrer drastischen Sinnlichkeit nachhaltig verstört zu haben. Ende 1808 floppt die Uraufführung von „Der zerbrochene Krug“ in Weimar. Inszeniert hat sie Johann Wolfgang von Goethe. Ende 1810 geht es Heinrich von Kleist sehr schlecht. Er ist einsam und verzweifelt. Er schreibt noch eine seiner letzten Erzählungen „Die Heilige Cäcilie oder die Gewalt der Musik.“ Am 21. November erschießt Heinrich von Kleist zuerst seine Seelenverwandte Henriette Vogel und dann sich selbst am Ufer des Kleinen Wannsees. Quelle: P.M. Biografie

Von Hans Klumbies