Nichts in dieser Welt ist dauerhaft

Indem Buddha feststellt „alles ist Leiden“, erinnert er daran, dass das Leben von der Geburt bis zum Tod aus einer Folge schmerzlicher Erfahrungen besteht. Frédéric Lenoir ergänzt: „Und selbst wenn wir einen glücklichen Moment erleben, bleibt dieser doch zerbrechlich.“ „Alles ist unbeständig“, auch das lehrt Buddha. Nichts in dieser Welt ist dauerhaft und für immer festgeschrieben. Genauso ist es mit den Begierden der Menschen. Viele leiden darunter, dass sie das, was sie begehren, nicht besitzen werden. Zweitens leiden sie an der Angst, dass sie verlieren, was sie besitzen. Drittens schließlich leiden sie am Verlust dessen, was sie besessen haben. Es sieht also in der Tat so aus, was wäre das Böse im Alltag weitaus gegenwärtiger als das Gute. Wenngleich das natürlich von einem zum anderen Individuum deutlich variieren kann. Frédéric Lenoir ist Philosoph, Religionswissenschaftler, Soziologe und Schriftsteller.

Weisheit schützt vor Resignation

Genau das ist der Grund, weshalb Buddha wie alle Weisen der Menschheitsgeschichte ein Mittel gesucht hat, um für Schmerz nicht mehr so empfänglich zu sein. Frédéric Lenoir stellt fest: „Die Weisheit bewahrt uns angesichts der schicksalhaften Allgegenwart von Leid davor, zu resignieren.“ Sie eröffnet einen anspruchsvollen Weg. Auf diesem können die Menschen ein inneres Gefühl von Freude und Heiterkeit entwickeln. Dieses ist unabhängig von den Wechselfällen, den Höhen und Tiefen des Lebens.

Im täglichen Leben scheint es Frédéric Lenoir durchaus möglich, Glück und Unglück zu erkennen und zu definieren. Allgemein ist jemand glücklich, solange er das Leben liebt, so wie er es führt. Unglücklich dagegen ist jemand, dem sein Leben nicht gefällt. Es gibt auch intensive Augenblicke des Glückes, wenn zum Beispiel ein langgehegter Wunsch in Erfüllung geht. Zu nennen wären eine romantische Begegnung, die Geburt eines Kindes, ein erfolgreich bestandenes Examen oder ein beruflicher Erfolg.

Glück hat einen relativen Charakter

Ebenso gibt es intensive Momente des Unglücks wie beispielsweise den Verlust eines Angehörigen, eine schwere Krankheit oder ein beruflichen Misserfolg. Selbstverständlich sollte man den relativen Charakter des Glückes unterstreichen: Er variiert je nach der Kultur, je nachdem, was der Einzelne möchte oder in welcher Lebensphase er sich befindet. Es erscheint oft in der Gestalt dessen, was ein Mensch gerade nicht hat. Für einen Kranken liegt das Glück in der Gesundheit, für einen Arbeitslosen in einem Arbeitsplatz.

Zu dieser Vielschichtigkeit kommt noch eine subjektive Funktion dazu. Ein Künstler ist glücklich, wenn er seine Kunst ausübt, ein Intellektueller im Umgang mit seinen Konzepten, ein Romantiker in seiner Liebesbeziehung. Sigmund Freud hat zu Recht Folgendes unterstrichen: „Der vorwiegend erotische Mensch wird die Gefühlsbeziehungen zu anderen Personen voranstellen, der eher selbstgenügsame Narzisstische die wesentlichen Befriedigungen in seinen inneren seelischen Vorgängen suchen, der Tatenmensch von der Außenwelt nicht ablassen, an der er seine Kraft erproben kann.“ Das ist einer der Gründe, weshalb es kein allgemeingültiges Glücksrezept gibt. Quelle: „Weisheit“ von Frédéric Lenoir

Von Hans Klumbies