Schönheit ist sichtbare Liebe

Frank Berzbach zeigt in seinem Buch „Die Form der Schönheit“ Wege auf, ein glücklicheres Leben zu führen, den Sinn für die Schönheit zu schärfen und ein Bewusstsein für Ästhetik zu entwickeln. Nur so kann ein Mensch die Schönheit eines Individuums, von Kleidung und Essen sowie auch die der Natur wertschätzen. Gleich auf der ersten Seite schreibt Frank Berzbach, dass man das Transzendente nie loswird, wenn es um Schönheit geht. Denn sie ist weder rational noch logisch, sie ist nicht nützlich und nicht unnütz. Sie lässt sich aber assoziativ und essayistisch umkreisen, ihr wohnt etwas Persönliches inne. Frank Berzbach glaubt an die Möglichkeit, Menschen für die Schönheit zu sensibilisieren. Dr. Frank Berzbach unterrichtet Psychologie an der ecosign Akademie für Gestaltung und Kulturpädagogik an der Technischen Hochschule Köln.

Der Mensch kann nicht ohne Schönheit leben

Eine der Thesen von Frank Berzbach lautet: „Der Mensch kann ohne Kunst, nicht aber ohne Schönheit leben.“ Denn es gilt: Kunst ohne Korrespondenz zur Schönheit ist wertlos, aber die Schönheit ohne Bezug zur Kunst existiert unangefochten. Die Natur dagegen ist nur dann schön, wenn sie zugänglich wird, wie es die Geschichte der Gärten, die Gartenkunst erzählt. Im Garten begegnet der Mensch der Natur auf eine aushaltbare Weise wieder. Die ungefilterte Begegnung mit ihr hat oft wenig mit Schönheit zu tun, sondern ist eher eine Erfahrung überwältigender Demut.

Die Kunst wird erst dann zu Lebenskunst, und so lässt sich ein erweiterter Schöpfungsbegriff verstehen, wenn die Menschen die Welt verschönern. Mehr noch: wenn sie die Kunst als etwas verstehen, was die Welt nicht verschmutzt. Die Schönheit zeichnet noch ein weiterer Vorzug aus: Sie ist von Natur aus antiaggressiv, sie ist heilsam und sie speichert die Präsenz im Augenblick der Schöpfung. Sie geht nur aus von einem klaren und gelassenen Geist. Die Fähigkeit, wirklich still sein zu können – geistig wie körperlich – ist eine ihrer Grundquellen.

Sehnsucht und Begehren sind ein fester Teil der Schönheit

Ein Mensch kann alle Formen des Alltags unter dem Aspekt der Schönheit betrachten, wenn er ein Bewusstsein für die Form entwickelt. Wer gut isst, ist gesünder. Wer sich schöner kleidet, ist glücklicher. Wer anspruchsvolle Radiosender hört oder gute Bücher liest, ist gebildeter und weiß mehr. Wer sich mit Schönem umgibt, hat ein besseres Leben. Ob sich einem Menschen allerdings die Schönheit erschließt, hängt davon ab, wie weit sein Sensorium dafür entwickelt ist.

Die Schönheit kann einen Menschen in einer Art betroffen machen, erschrecken und verändern, dass daraus eine das ganze Leben prägende Angelegenheit wird. Auf höchstem Niveau ist die Schönheit sichtbare Liebe. Und diese Liebe ist keineswegs nur vergeistigt, sondern körperlich – erotisch. Sehnsucht und Begehren sind ein fester Teil der Schönheit. Gegen Ende seines Buches zitiert Frank Berzbach die Schriftstellerin Patricia Highsmith, welche die Grundlage der Kunst mit derjenigen der Lebenskunst gleichsetzt: „Sie beruht auf einem Verlangen nach Kommunikation, auf einer Liebe zur Schönheit und einem Bedürfnis, aus dem Durcheinander eine Ordnung zu schaffen.“

Von Hans Klumbies