Die Politik und die Wirtschaft können richtig auf die Coronakrise reagieren und die Folgen abfedern. Dazu müssen die Verantwortlichen aber die Tiefe des wirtschaftlichen Einbruchs und die Verteilung der damit verbundenen Lasten verstehen und einordnen. Das ist vor allem in der frühen Phase der Krise schwierig. Die Daten und Berechnungen, die bislang zur Verfügung stehen, sprechen aber dafür, dass die Coronarezession die globale Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 in den Schatten stellt. Clemens Fuest stellt jedoch fest: „Vergleiche mit der weltweiten wirtschaftlichen Depression der 1930er Jahre, die gelegentlich gezogen werden, erscheinen dagegen überzogen.“ Ob sich die Wirtschaft im Jahr 2021 so kräftig erholt wie in der Prognose des Internationalen Währungsfonds, ist allerdings offen. Clemens Fuest ist seit April 2017 Präsident des ifo Instituts.
Für die Coronakrise gibt es verschiedene Szenarien
Lange Zeit hofften viele Ökonomen, dass die Coronakrise heftig, aber kurz wird. Dafür steht das Bild des V-förmigen Krisenverlaufs. Clemens Fuest erläutert: „Auf einen drastischen wirtschaftlichen Einbruch im Frühjahr 2020 folgt in diesem Denken eine rapide Erholung.“ Skeptiker erwarten dagegen eine U-förmige Entwicklung, also eine längere Rezession. Darauf folgt aber eine deutliche Erholung. Pessimisten dagegen befürchten, dass die Weltwirtschaft sich dauerhaft auf einem niedrigen Niveau bewegen wird. Dabei handelt es sich um ein L-förmiges Szenario.
Um zu beurteilen, wie wahrscheinlich diese Szenarien sind, ist es im ersten Schritt wichtig, die Tiefe des Einbruchs abzuschätzen. Einen ersten Anhaltspunkt können die Entwicklungen konjunktureller Frühindikatoren geben. Dabei zeigt sich, dass der Einbruch des Geschäftsklimas in der Coronakrise drastischer ausfällt als in der Finanzkrise. Damals erreichten die Unternehmen in Deutschland Schockwellen, die der Kollaps der Lehman-Bank im September 2008 auslöste. Dennoch verlief der Rückgang des Geschäftsklimas aber deutlich langsamer als in der Coronakrise, die Deutschland im März 2020 mit voller Wucht traf.
Europäische Länder vertrauen auf Kurzarbeit
Clemens Fuest gibt zu, dass ökonomische Prognosen über die Auswirkungen der Coronakrise mit hoher Unsicherheit behaftet sind. Denn sie beruhen auf Szenarien. Diese bringen denkbare Verläufe der Pandemie mit möglichen gesundheits- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen zusammen. Es werden Annahmen darüber getroffen, wie lange der Shutdown der Wirtschaft und die Einschränkungen durch Hygienevorkehrungen anhalten. Außerdem fließt in die Überlegungen mit ein, welcher Anteil der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung davon betroffen ist und wie schnell die Erholung danach verläuft.
Wichtig zur Einschätzung der Coronakrise ist außerdem die Entwicklung auf den Arbeitsmärkten. Vor allem in den USA wird eine massiv steigende Arbeitslosigkeit erwartet. Dies wird durch den regelrechten Kollaps des amerikanischen Arbeitsmarktes in den Monaten März bis Mai 2020 bestätigt. In diesem Zeitraum verlieren in den USA rund 40 Millionen Beschäftigte ihre Arbeit. In Europa verläuft die Arbeitsmarktentwicklung deutlich besser, das viele Länder das Instrument der Kurzarbeit nutzen. Quelle: „Wie wir unsere Wirtschaft retten“ von Clemens Fuest
Von Hans Klumbies