Die Wahrheit kann dem Frieden dienen

Für Friedrich Nietzsche ist der Intellekt vor allem „ein Mittel zur Erhaltung des Individuums“. Dieser ermöglicht es dem „Mängelwesen“ Mensch im Daseinskampf zu bestehen. Er spricht davon, dass der Intellekt „gerade nur als Hilfsmittel den unglücklichsten, delikatesten, vergänglichsten Wesen beigegeben ist, um sie eine Minute im Dasein festzuhalten.“ Axel Braig stellt fest: „Damit vertritt Nietzsche die Ansicht, dass der Mensch die Neigung hat, bestimmte Annahmen vor allem dann als wahr zu erachten, wenn sie im Überlebenskampf nützlich erscheinen.“ An anderer Stelle spricht Friedrich Nietzsche davon, dass die Vorstellung von Wahrheit dazu dienen kann, den Menschen im Krieg aller gegen alle einen Friedensschluss zu ermöglichen. Axel Braig wandte sich nach Jahren als Orchestermusiker und Allgemeinarzt erst spät noch einem Philosophiestudium zu.

Die Sprache kann nicht alle Realitäten erfassen

Dabei treffen sie Verabredungen darüber, was als Wahrheit anzunehmen ist. Friedrich Nietzsche beschreibt anschließend, wie sehr er eine so verstandene Wahrheit, im Gegensatz zu der platonischen Idee einer ewigen Wahrheit als ein Werk von Menschen ansieht. Kritisch nimmt der Philosoph auch in den Blick, dass Wahrheit seit Aristoteles als ein getreues Abbild der Realität im Geist und damit in der Sprache angesehen wurde. Friedrich Nietzsche fragt rhetorisch: „Ist die Sprache der adäquate Ausdruck aller Realitäten?“

Er fährt fort: „Nur durch Vergesslichkeit kann der Mensch je dazu kommen zu wähnen, er besitze eine Wahrheit in dem eben bezeichneten Grade.“ „Wahrheit und Lüge …“ imponiert als Nietzsches Befreiungsschlag gegenüber dem übermächtigen Platonismus im Bewusstsein seiner Zeitgenossen. Man mag ihm zwar vorwerfen, dass er in seiner Polemik gelegentlich übers Ziel hinausschießt. Zudem bedauert Axel Braig, dass er in manchen späteren Schriften die Einsichten von „Wahrheit und Lüge …“ wieder über Bord zu werfen scheint.

Friedrich Nietzsche beschreibt Wahrheit als Konsens

Wenn er zum Beispiel in „Also sprach Zarathustra“ selbst als ein ewige Wahrheiten verkündender Philosoph auftritt. Zudem sind bei der Beurteilung von Friedrich Nietzsches Werk auch Verfälschungen zu berücksichtigen. Diese sind von seiner dem Faschismus nahestehen Schwester Elisabeth Foerster-Nietzsche zu verantworten. Aber vor allem in seinem frühen Text erschüttert Nietzsche die Glaubwürdigkeit der platonischen Vorstellung. Diese ging von einer ewigen, allumfassenden und vor allem intuitiv erfassbaren Wahrheit aus.

Auch die Idee der Wahrheit als eines getreuen Abbildes der Wirklichkeit in der Sprache überzeugt nicht mehr. Axel Braig erläutert: „Denn es ist kaum denkbar, dass menschliche Sprachäußerungen die Komplexität des gesamten Universums adäquat abbilden können.“ Aufmerksamkeit verdient hat dagegen die von Friedrich Nietzsche beschriebene Idee der Wahrheit als eines Konsenses. Wichtig ist dabei aber auch, diesen Konsens von der Vorstellung einer objektiven und zu allen Zeiten und Orten gültigen Wahrheit zu unterscheiden. Quelle: „Über die Sinne des Lebens und ob es sie gibt“ von Axel Braig

Von Hans Klumbies