Franziskus wird sehr schnell heilig gesprochen

Volker Reinhardt weiß: „Es ist bis heute die schnellste Heiligsprechung der Kirchengeschichte. Franziskus von Assisi starb am 3. Oktober 1226 und wurde am 16. Juli 1228 kanonisiert.“ Gleichzeitig entstand die erste Lebensbeschreibung aus der Feder des Tommaso da Celano. Dieser konnte sich auf persönlichen Umgang mit Franziskus und dessen mündliche Äußerungen berufen. Mit dem raschen Aufblühen des von Franziskus ins Leben gerufenen Ordens entwickelte sich die Darstellung von dessen Leben und Wirken zu einem hochoffiziellen Unterfangen. Um abweichende Stimmen darüber, wie mit dem Erbe des Gründers umzugehen sei, zum Schweigen zu bringen, verfasste Bonaventura da Bagnoregio eine offizielle Biografie. Dieser war seit 1257 General der Franziskaner und sein Werk trug den Titel „Legenda maior“. Volker Reinhardt ist Professor für Geschichte der Neuzeit an der Universität Fribourg. Er gehört international zu den führenden Italien-Historikern.

Franziskus verfügte über unglaubliches Charisma

In den Augen ihrer Kritiker war Bonaventuras Vita geglättet. Sie war angepasst an die Bedürfnisse der Amtskirche und des Papsttums und daher eine Verfälschung des unbequemen, ja anstößigen Franziskus. Parallel zur Verewigung in der Hagiographie setzte die Verherrlich durch Bauten ein. Am Tag nach der Heiligsprechung legte Papst Gregor IX. eigenhändig den Grundstein für die neue Franziskus-Basilika am westlichen Stadtrand von Assisi.

Der Papst, der Franziskus zur Ehre der Altäre erhob und dessen Grabeskirche errichten ließ, war vor seiner Wahl als Protektor gearbeitet. Damit war er die rechtlich bestimmende Kraft des neuen Ordens gewesen. Volker Reinhardt erklärt: „In dieser Funktion hatte er engen Kontakt zu Franziskus unterhalten. Dessen Charisma verschaffte ihm ein Prestige, das sich fraglos für die Wahl zum Nachfolger Petri nutzbar machen ließ.“ Sechs Jahrzehnte danach war in Assisi eine imposante Doppelkonstruktion aus Unter- und Oberkirche emporgewachsen.

In Assisi malte man das Leben des Heiligen selbst

An deren Dekoration arbeiteten die führenden Maler. Nachdem 1288 mit Nikolaus IV. der erste Franziskaner zum Papst gewählt worden war, malte man in Assisi erstmals auch das Leben des Heiligen selbst. Die Fresken, die dabei entstanden, waren die approbierte Fassung der kirchlicherseits allein anerkannten Franziskus-Biographie. So und nicht anders sollte der „Arme von Assisi“ der Nachwelt und speziell seinen Ordensbrüdern in Erinnerung bleiben. Auf diese Weise gewannen die insgesamt 28 Episoden aus dem Leben und Nachleben des Heiligen eine herausragende Bedeutung.

Die Bilderserie zeigt, wie die Kirche das Werk ihres bis heute populärsten Heiligen deutete und für alle Zeit verstanden wissen wollte. Schon mit den früher gemalten Fresken zum Vergleich mit den übrigen Darstellungen und erregender Stilwandel. Nämlich hin zur räumlichen Alten Testament beginnt mit den Isaak-Episoden etwas Neues. Hier vollzieht sich im Tiefe, psychologischen Nachvollziehbarkeit, emotionaler Ausstrahlung und gesteigerter Spannungshaltigkeit des Geschehens. Quelle: „Die Macht der Schönheit“ von Volker Reinhardt

Von Hans Klumbies