Am 1. September 1939 griff die deutsche Wehrmacht Polen an. Als zwei Tage später die Kriegserklärung Frankreich und Großbritanniens folgten, was aus einem deutsch-polnischen Grenzkonflikt ein großer Krieg geworden. Die deutschen Truppen agierten mit außerordentlicher Härte. Ulrich Herbert erläutert: „Wie schon im spanischen Bürgerkrieg flog die Luftwaffe systematische Angriffe auf die großen Städte, mit enormen Opferzahlen unter der Zivilbevölkerung.“ Auf deutscher Seite wurden am Ende der knapp vierwöchigen Kampfhandlungen 10.000 Tote gezählt, auf polnischer Seite 66.000. Nach vier Wochen war die hoffnungslos unterlegene polnische Armee besiegt. Frankreich und Großbritannien waren den Polen trotz der vertraglichen Verpflichtungen nicht zu Hilfe gekommen. Zu aussichtslos schien ihnen ein Eingreifen angesichts der deutschen Überlegenheit. Ulrich Herbert zählt zu den renommiertesten Zeithistorikern der Gegenwart. Er lehrt als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.
Jeder Sechste Pole kam im Zweiten Weltkrieg ums Leben
Zwei Wochen nach dem deutschen Angriff marschierte die Rote Armee, wie mit den Deutschen vereinbart, in Ostpolen ein und überzog das Land ebenso mit Gewalt wie die Wehrmacht in dem von ihr besetzten Westteil. Von den 35 Millionen, die vor Kriegsbeginn in Polen lebten, kam bis 1945 jeder Sechste ums Leben. Wer aber in Berlin geglaubt hatte, dass England und Frankreich einlenken und eine Vereinbarung mit Deutschland auf Kosten Polens treffen würden, sah sich getäuscht. Ulrich Herbert erklärt: „Das brutale Vorgehen der Deutschen in Polen hatte vor allem in Großbritannien den Widerstandswillen gestärkt.“
Es dauerte aber fast neun Monate, bis der Zweite Weltkrieg im Westen begann. Adolf Hitler hatte den Termin des Angriffs immer wieder verschoben, hoffte er doch nach wie vor auf einen Ausgleich mit England. Zudem war man auch auf deutscher Seite auf einen langen Krieg noch nicht vorbereitet, die Wehrmacht hatte den Beginn eines großen Krieges erst für 1942 oder 1943 geplant. Die deutsche Bevölkerung reagierte auf den Kriegsbeginn eher bedrückt als begeistert. Wie schon bei den vorherigen militärischen Abenteuern wuchs jedoch die Zuversicht, als sich die Siegesmeldungen mehrten.
Die Deutschen griffen Frankreich durch einen schnellen Vorstoß durch die Ardennen an
Dass der Krieg im Westen dann im Norden begann, hatte vor allem wirtschaftliche und strategische Gründe. Ulrich Herbert stellt fest: „Deutschland bezog einen erheblichen Teil seiner Rohstoffimporte, darunter fast die Hälfte seines Bedarfs an Eisenerz, aus Schweden, das über norwegischen Häfen verschifft wurde.“ Um diese lebenswichtige Verbindung vor den britischen Truppen zu sichern, marschierte die Wehrmacht am 9. April in Norwegen ein. Hier traf sie auf starken Widerstand britischer und französischer Truppen, die allerdings zurückgezogen wurden, als am 10. Mai Deutschland den Krieg gegen Frankreich, die Niederlande, Luxemburg und Belgien begann.
Die Beneluxstaaten waren innerhalb weniger Tage überrannt. Den Angriff auf Frankreich aber führten die deutschen Truppen, anders als im Ersten Weltkrieg und von den Franzosen erwartet, nicht von Norden her, sondern von Südwesten mit einem schnellen Vorstoß durch die Ardennen, um so die französischen Verbände zu überraschen und in kurzer Zeit zu besiegen. Das gelang auch. Bereits am 20. Mai erreichten die deutschen Truppen die französische Kanalküste. Allerdings konnten die Briten ihre schon geschlagene Expeditionsarmee noch vor den heranstürmenden deutschen Truppen über den Ärmelkanal in Sicherheit bringen. Quelle: „Das Dritte Reich“ von Ulrich Herbert
Von Hans Klumbies