Theodor W. Adorno untersucht den Begriff der Autorität

Theodor W. Adorno weist darauf hin, dass man mit dem Begriff der Autorität einen gewissen Unfug anrichtet. Für ihn selbst ist die Autorität zunächst ein sozialpsychologisches Phänomen, das nicht ohne weiteres die soziale Wirklichkeit selber bedeutet. Sondern der Begriff der Autorität erhält seinen Stellenwert innerhalb des sozialen Kontextes, in dem er aufkommt. Die Art, in der ein Mensch, psychologisch gesprochen, zu einem autonomen, also mündigen Menschen wird, hat für Theodor W. Adorno nicht einfach etwas mit dem Aufmucken gegen jede Art von Autorität zu tun. Theodor W. Adorno, geboren am 11. September 1903 in Frankfurt am Main, gestorben am 6. August 1969, lehrte in Frankfurt als ordentlicher Professor für Philosophie und Direktor des Instituts für Sozialforschung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität.

Kinder identifizieren sich im allgemeinen mit einer Vaterfigur

Empirische Untersuchungen von Else Frenkel-Brunswik haben gezeigt, dass sogenannte brave Kinder eher zu autonomen und opponierenden Menschen geworden sind als kaum beeinflussbare Kinder. Theodor W. Adorno erklärt: „Der Prozess ist doch der, dass Kinder – Sigmund Freud hat das als die normale Entwicklung bezeichnet – im allgemeinen mit einer Vaterfigur, also mit einer Autorität sich identifizieren, sie verinnerlichen, sie sich zu eigen machen, und dann in einem schmerzhaften und nie ohne Narben gelingenden Prozess erfahren, dass der Vater, die Vaterfigur dem Ich-Ideal, das sie von ihm gelernt haben, nicht entspricht, dadurch sich davon ablösen und erst auf diese Weise überhaupt zum mündigen Menschen werden.“

Das Problem der Unmündigkeit sieht Theodor W. Adorno auch noch unter einem anderen Aspekt, der vielleicht gar nicht so bekannt ist. Man sagt im allgemeinen, dass die Gesellschaft von außen her gesteuert, dass sie heteronom sei, und man unterstellt dabei einfach, dass die Menschen mehr oder minder widerstandslos das schlucken, was das überwältigende Seiende ihnen vor Augen stellt und ihnen einbläut, als ob, was nun einmal ist, so sein müsste.

Die normative Wendung des Rollenbegriffs findet Theodor W. Adorno abscheulich

Der Rollenbegriff nimmt in der Soziologie seit Talcott Parsons eine wichtige Position ein. Allerdings werden die Menschen nicht darauf aufmerksam gemacht, dass allein im Begriff der Rolle selbst, der ja vom Theater stammt, die Unidentität der Menschen mit sich selbst verlängert wird. Das heißt, wenn die Rolle zu einem sozialen Maß gemacht wird, so wir darin auch zementiert, dass die Menschen nicht die sind, die sie selbst sind, dass sie also unidentisch sind. Theodor W. Adorno findet die normative Wendung des Rollenbegriffs abscheulich und fordert, mit aller Kritik dagegen anzugehen.

Laut Theodor W. Adorno gibt es ungezählte Erwachsene, die eigentlich nur den Erwachsenen spielen, der sie nie ganz geworden sind. Sie übertreiben, werfen sich in die Brust, reden mit Erwachsenenstimmen daher, nur um die Rolle, die ihnen selber eigentlich misslungen ist, sich und anderen glaubhaft zu machen. Theodor W. Adorno fügt hinzu: „Ich glaube, dass eben dieser Mechanismus zur Unmündigkeit gerade auch unter gewissen Intellektuellen anzutreffen ist.“ Zur Mündigkeit gehört seiner Meinung nach eine bestimmte Festigkeit des Ichs, der Ich-Bindung hinzu, wie sie am Modell des bürgerlichen Individuums gebildet ist.

Von Hans Klumbies