Der Klimawandel ist eine Tatsache

Tatsachen sind Wahrheiten, so viel steht fest. Peter Trawny beginnt mit dieser weitverbreiteten Feststellung und bezieht sich dabei auf einen Streit über eine Reaktion auf die Klimakrise. Die Aktivistin Greta Thunberg sagt, dass die Menschheit „schon sämtliche Tatsachen und Lösungen“ zum Problem kennt. Sie muss nur noch „aufwachen und etwas verändern“. Deshalb fordert sie: „Ich will, dass ihr in Panik geratet.“ In Panik geraten kann man in der Tat nur, wenn eine wirkliche Gefahr schon sehr bedrohlich geworden ist. Wenn man nicht mehr daran zweifeln kann, dass man ohne unmittelbare Gegenmaßnahmen Schaden nehmen wird. Daher fügt sie hinzu: „[…] ich sage das nur, weil es wahr ist.“ Peter Trawny gründete 2012 das Matin-Heidegger-Institut an der Bergischen Universität in Wuppertal, dessen Leitung er seitdem innehat.

Tatsachen sind Wahrheiten

Was nämlich? Eben dass das Klima sich durch unseren Lebensstil so sehr gewandelt hat, dass die Zukunft der kommenden Generation auf dem Spiel steht. Peter Trawny stellt fest: „Der Streit um den Klimawandel – so zeigen es die Resultate der Klimaforschung – ist nicht mehr zu diskutieren, ob er stattfindet: Das ist eine Tatsache.“ Es kann nur noch darum gehen, wie die Menschheit darauf antwortet, welche Maßnahmen sie ergreifen kann, um zu retten, was noch zu retten ist.

Über die Existenz einer Tatsache zu streiten ist sinnlos. Was geschah, geschah. Die Menschheit hat es nur noch anzuerkennen. Man kann Tatsachen vielleicht ignorieren. Doch dann geschieht es, dass sie einen in potenzierter Form einholen. So werden zum Beispiel die Folgen einer Krankheit umso schlimmer sein werden, je länger man sich ihre Existenz verschweigt. Tatsachen sind Wahrheiten, das steht fest. Doch ganz so einfach ist es nicht. Zunächst lässt sich beobachten, dass man im Gespräch über Tatsachen sehr schnell zu einem Punkt kommt, wo Beispiele einem helfen müssen zu klären, was überhaupt eine Tatsache ist.

Tatsachen sollen einen Konsens ermöglichen

Tatsache ist, dass Deutschland 1954 zum ersten Mal Fußballweltmeister wurde. Ebenso ist es eine Tatsache, dass das World Trade Center am 11. September 2001 Ziel einer terroristischen Attacke wurde. Tatsache ist, dass Schwarze Löcher Licht absorbieren. Ebenso ist es eine Tatsache, dass eine Corona-Virus-Pandemie die Welt in den Jahren 2020/2021 in Atem hielt. Doch warum braucht man Beispiele, um zu klären, was eine Tatsache ist? Warum erleichtern sie zumindest die Klärung?

Peter Trawny betont: „Weil offenbar keineswegs vorausgesetzt werden kann, dass wir alle dasselbe denken, wenn wir von Tatsachen sprechen. Und weil Tatsachen überdies den Sinn haben, einen Konsens zu ermöglichen.“ Denn eine Tatsache gilt potenziell für alle Menschen. Eine Tatsache muss notwendig für jeden Menschen eine Tatsache sein. Anderenfalls handelte es sich nicht um eine Tatsache. Das meint allerdings nicht, dass sie für jeden Menschen dasselbe bedeutet. Quelle: „Krise der Wahrheit“ von Peter Trawny

Von Hans Klumbies