Leonardo da Vinci lernte bei Andrea Verrocchio

Das berühmteste Beispiel des „Renaissance-Menschen“, Leonardo da Vinci, ist zugleich eines der untypischsten. Er war kein Humanist, denn es mangelte ihm an humanistischer Bildung. Peter Burke ergänzt: „Möglicherweise hatte er nie eine Schule besucht, und im späteren Leben gelang es ihm nur unter Schwierigkeiten, Latein zu lesen.“ Seine künstlerische Ausbildung erhielt Leonardo da Vinci in der Werkstatt des berühmten Florentiner Meisters Andrea Verrocchio. Dort erlernte er nicht nur Malerei und Bildhauerei, sondern auch das Entwerfen von Kriegsgerät. Das entsprach ganz der toskanischen Ingenieurstradition von Brunelleschi bis zu Francesco die Giorgio. Leonardo da Vinci ist ein hervorstechendes Beispiel für die einzigartige Innovationstradition im Florenz des 15. und 16. Jahrhunderts. Sechzehn Jahre lehrte Peter Burke an der School of European Studies der University of Sussex. Im Jahr 1978 wechselte er als Professor für Kulturgeschichte nach Cambridge ans Emmanuel College.

In Mailand trat Leonardo da Vinci in den Dienst von Ludovico Sforza

In dieser Zeit gaben die Meister in ihren Werkstätten ihr Wissen an Lehrlinge weiter. Es lassen sich ganze Genealogien von Künstlern identifizieren, die jeweils von ihrem Vorgänger lernten, dabei aber ihren eigenen Stil entwickelten. Verrocchio zum Beispiel unterrichtete nicht nur Leonardo da Vinci, sondern auch Domenico Ghirlandaio, dessen Schüler wiederum Michelangelo war. Von Florenz aus ging Leonardo nach Mailand, wo er die Aufmerksamkeit des Herzogs Ludovico Sforza gewann.

Er gab dem Herrscher das Versprechen Brücken, Kanonen, Katapulte und Minen zu konstruieren sowie bildhauerische und architektonische Werke zu schaffen. Er bekam die Anstellung als herzoglicher Ingenieur. Man betraute ihn nicht nur mit dem Bau von Kanälen und Befestigungsanlagen, sondern auch mit der Erfindung von „Spezialeffekten“ für höfische Festumzüge. Am Mailänder Hof erwarb sich Leonardo da Vinci zudem einen Ruf als versierter Musiker, der die Lyra spielte und sang.

Leonardo da Vinci übertraf seine Vorgänger in vielerlei Hinsicht

Peter Burke fügt hinzu: „Außerdem erfand er neue Musikinstrumente und stellte Klangforschungen an. Später arbeitete Leonardo als Militäringenieur für die Republik Venedig und für den Papstsohn Cesare Borgia, als dieser sich anschickte, die Romagna zu erobern.“ Leonardo da Vinci entwarf viele Maschinen. Darunter befanden sich ein mechanischer Löwe, eine gigantische Armbrust, ein Radschlossgewehr, Flugapparaturen sowie eine Art Unterseeboot.

Leonard da Vinci stand ebenso in der Tradition von Malern und Bildhauern wie in derjenigen von Künstler-Ingenieuren. Zu letztgenannten gehören Brunelleschi, Taccola und Francesco di Giorgio. Tatsächlich lässt sich von manchen Maschinen, die in seinen Notizbüchern abgebildet sind, nur schwer sagen, ob es sich dabei um Erfindungen von ihm handelt oder ob er sich auf ein allgemein verbreitetes Grundwissen stützte. In jedem Fall übertraf Leonardo da Vinci seine Vorgänger in vielerlei Hinsicht. Quelle: „Giganten der Gelehrsamkeit“ von Peter Burke

Von Hans Klumbies