In seinem aktuellen Buch „Neue Irre!“ stellt Manfred Lütz fest, dass die Normalisierung des allgemeinen Wahnsinns Angst verbreiten kann: „Überall laufen immer mehr Irre herum.“ Dazu zählt der Autor Massenmörder, Kriegshetzer, Lügner, Betrüger und rücksichtslose Egomanen. Dabei stellt Manfred Lütz ein Dilemma fest. All diese Typen kann man leider nicht behandeln, denn sie sind normal, jedenfalls nicht krank, aber gerade deswegen brandgefährlich. Die meisten wirklich psychischen Erkrankungen dagegen sind heilbar. Aber leider wissen das zu wenige Menschen. Denn psychische Krankheiten spielen sich nach wie vor im Schatten der Gesellschaft ab. Deswegen ist Manfred Lütz die Aufklärung darüber so wichtig. In seinem neuen Buch will er wieder einmal beweisen, dass Psychiatrie und Psychotherapie keineswegs nur bierernste Geschichten zu erzählen haben. Dr. med. Dipl. theol. Manfred Lütz ist Psychiater, Psychotherapeut, Kabarettist und Theologe.
„Hüten Sie sich vor Normalen!“
Manfred Lütz stellt in seinem Buch „Neue Irre!“ allgemein verständlich alle psychischen Krankheiten und alle gängigen Therapien auf dem heutigen Stand der Wissenschaft dar. Wer dieses Buch gelesen hat, darf definitiv mit jedem Verrückten reden, schlimmstenfalls mit sich selbst. Auf die Frage, ob man überhaupt über psychisch Kranke humorvoll reden darf, antwortet Manfred Lütz mit einem eindrücklichen ja. Denn Humor ist für ihn eine Form, Dinge und Menschen liebevoll ins Leben einzubeziehen.
Vor einem wirklichen Weltgerichtshof sähe es verdammt schlecht für die Menschheit aus. Man müsste befürchten, dass sie wegen nachweislich verrückten Verhalten und akuter Fremdgefährdung der gesamten Schöpfung in die Psychiatrie eingewiesen würde. Manfred Lütz weist zudem stets darauf hin, dass, statistisch gesehen, psychisch Kranke weniger Straftaten verüben als Normale. Daher lautet sein Fazit: „Hüten Sie sich vor Normalen!“ Woran liegt dieser merkwürdige Befund? Menschen mit einer psychischen Störung machen oft den ganz normalen Wahnsinn der Gesellschaft einfach nicht mit.
Im Grunde existiert das Normale nicht
Psychisch kranke Menschen sind für Manfred Lütz, wenn er sie wertfrei beschreibt, zunächst einmal einfach nur außergewöhnlich. Viele sind zum Beispiel aufgrund ihrer psychischen Störung außergewöhnlich friedfertig. Die meisten leiden allerdings unter ihrer Außergewöhnlichkeit. Deswegen haben sich Ärzte ihrer angenommen und die Psychiatrie erfunden. Alles Irritierende soll irgendwie psychologisch wegerklärt oder psychiatrisch weggesperrt werden.
Die Tyrannei der Normalität lebt laut Manfred Lütz von der großen Illusion der ewigen Weiterexistenz des Normalen und der Flüchtigkeit des Außergewöhnlichen. Im Grunde jedoch existiert das Normale nicht, denn es hat keine Substanz. Nicht „krank“ ist also der Gegensatz von „normal“, sondern vielmehr „außergewöhnlich“. Und von den Außergewöhnlichen sind einige behandelbar krank und andere dauerhaft hilfsbedürftig behindert. Die übrigen Außergewöhnlichen sind die farbigen Grenzgänger der Menschheit.
Neue Irre!
Wir behandeln die Falschen
Manfred Lütz
Verlag: Kösel
Gebundene Ausgabe: 200 Seiten, Auflage: 2020
ISBN: 978-3-466-37268-3, 20,00 Euro
Von Hans Klumbies