Die Redefreiheit hat sich als robust erwiesen

Jonathan Rauch ist kein Alarmist. Ganz im Gegenteil, er schreibt sein Buch „Die Verteidigung der Wahrheit“ in einem Geist der Hoffnung und des vorsichtigen Optimismus. Denn in der digitalen Medienwelt geht man mit beeindruckendem Engagement und neuen Ansätzen gegen Desinformationsangriffe vor. Und der Feind hat nicht mehr den Vorteil der Überraschung auf seiner Seite. Jonathan Rauch ergänzt: „In der akademischen Welt gibt es immer noch große Bestände von wissenschaftlicher Integrität, die man anzapfen kann. Die heutigen Herausforderungen für die Verfassung der Erkenntnis sind unter historischen Gesichtspunkten betrachtet vergleichsweise harmlos. Das eigentliche Wunder ist, als wie robust sich die Redefreiheit und die liberale Wissenschaft erwiesen haben. Jonathan Rauch studierte an der Yale University. Als Journalist schrieb der Politologe unter anderem für das National Journal, für The Economist und für The Atlantic.

Thomas Hobbes löste Mitte des 17. Jahrhunderts einen Schock aus

Und dass trotz der unermüdlichen Angriffe aus allen Richtungen, die schon seit Jahrhunderten stattfinden. Zur Belohnung kann man bestaunen, wie gut die scheinbar so lächerlich anmutende Idee bisher gefahren ist. Ungeachtet ihres unplausiblen Charakters, ihrer anspruchsvollen Regularien und ihrer komplexen Institutionen hat die liberale epistemische Ordnung – die Verfassung der Erkenntnis – irgendwie immer einen Weg nach vorne gefunden. Am Ende ist sie jedoch darauf angewiesen, dass sie die ganz normalen Mitglieder der realitätsbasierten Gemeinschaft aus vollem Herzen lautstark verteidigen.

Jonathan Rauch blickt zurück: „In der Mitte des 17. Jahrhunderts löste der englische Philosoph Thomas Hobbes einen Schock aus, von dem sich die politische Philosophie nie wieder ganz erholt hat.“ Aristoteles hatte den Menschen als politisches oder soziales Tier definiert. Doch welcher Art von Politik und Sozialität streben die Menschen von Natur aus zu? Was ist der menschliche Naturzustand? Von Platon bis zum Mittelalter lautete die vorherrschende Antwort darauf, dass Menschen hierarchische Wesen sind.

Thomas Hobbes hielt den Menschen für grundlegend kriegerisch

Sie gliedern sich in geordnete Strukturen ein, in denen die Weisen, Starken, Göttlichen oder Aristokratischen über die Ungebildeten, Schwachen, Ungläubigen oder Gewöhnlichen herrschen und sie beschützen. Thomas Hobbes hat diese große Kette der Wesen zerstört. Jonathan Rauch weiß: „Um ihn herum tobte der englische Bürgerkrieg, der noch über mehrere Generationen hinweg die Menschen belasten und das politische Denken prägen sollte.

Kein Wunder also, dass Thomas Hobbes das Menschentier für grundlegend egoistisch und kriegerisch hielt. Bleiben sie sich selbst überlassen, dann, so Thomas Hobbes in „Leviathan“, seinem Meisterwerk über Staat und Gesellschaft, leben die Menschen nicht in geordneten Hierarchien. Sondern sie befinden sich in einem Zustand ununterbrochener Konkurrenz und Rivalität, in dem sie sich in tribalen Machtkämpfen aufreiben. Der Naturzustand, so Thomas Hobbes, ist ein Zustand des Krieges aller gegen alle. Quelle: „Die Verteidigung der Wahrheit“ von Jonathan Rauch

Von Hans Klumbies