Die Freiheit ist das bestimmende Kennzeichen der Demokratie

Den Begriff der Freiheit durchzieht von seiner griechischen Entdeckung her eine gewisse Spannung. Der Schritt, der von der einen zur anderen Seite führen kann, zeigt sich exemplarisch an der Existenz der Demokratie. Denn die Freiheit, sagt Aristoteles, ist ihr „bestimmendes Kennzeichen“. Christoph Menke ergänzt: „Die Freiheit definiert die Würdigkeit in der Demokratie – sie ist es, was die Demokratie hochschätzt, ja, worin sie nach Perikles ihr Glück sieht.“ Das kann auf zwei ganz verschiedene, ja entgegengesetzte Weisen verstanden werden. Das erste Verständnis ist politisch. Es definiert, so Herodot, die demokratische Freiheit als die „Herrschaft des Volkes“, durch die „Gleichberechtigung aller“. Demokratische Freiheit heißt, so erläutert Thukydides, dass „in den Streitigkeiten der Bürger alle ihr gleiches Teil“ haben. Christoph Menke ist Professor für Philosophie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main.

Demokraten möchten nicht unter der Macht eines anderen stehen

Christoph Menke erklärt: „So ist es zu verstehen, dass die Freiheit in der Herrschaft besteht. Sie besteht darin, dass jeder den gleichen Teil an der Herrschaft hat. Freiheit und Herrschaft bedingen sich daher in der Demokratie gegenseitig.“ Und deshalb schließt die demokratische Freiheit aus, ein Sklave zu sein. Aber sie schließt nicht aus, Sklaven zu haben, und auch nicht, über andere, andere Menschen und andere Städte, zu herrschen. Die Freiheit des demokratischen Athens – so erklären es seine Gesandten den Spartanern – berechtigt es, Herrschaft auszuüben.

Das zweite Verständnis der demokratischen Freiheit hingegen ist „persönlich“. Es bedeutet, dass jeder Erlaubnis hat, zu tun was er will, dass man lebt wie man will. Christoph Menke fügt hinzu: „Diese zweite Bestimmung demokratischer Freiheit setzt sie der Sklaverei – der Sklaverei als solcher und überhaupt – entgegen. Wenn es denn zutrifft, dass es für eine Sklaven charakteristisch ist, nicht leben zu können, wie er möchte. Die Demokraten wollen daher nicht unter der Macht eines anderen stehen oder durch die Macht eines anderen gehindert werden, das zu tun, was sie möchten. Sie wollen ihre persönliche Freiheit.

Der Mensch ist der Urheber seiner Handlungen

Diese beiden Definitionen demokratischer Freiheit, welche die Griechen aus der Erfahrung der Unfreiheit hervorbringen, stehen von Anfang an in Spannung. Christoph Menke blickt zurück: „Die griechischen Kritiker der Demokratie, Platon und Aristoteles, sehen in der persönlichen Freiheit – zu handeln und zu leben wie man will – eine Gefährdung der politischen. Sie führt in die Anarchie, die Ablehnung des Gesetzes.“ Aristoteles definiert das Handeln wie folgt: „Jede Handlung geschieht, wenn sie geschieht, freiwillig, in seinem Vollzug ist das Handeln freiwillig.“

Handlungen sind für Aristoteles Bewegungen, „die bei uns stehen“. Und dass sie bei uns stehen heißt, dass Handlungen Bewegungen sind, die „in unserer Macht stehen“. Dadurch definiert das Handeln die Freiheit im ebenso elementaren wie fundamentalen Sinn. Freiheit oder Handeln können heißt, „dass der Mensch das Prinzip und der Urheber seiner Handlungen sei“. Zu handeln heißt aber nicht, etwas zu verursachen. Die Handelnden sind frei, weil sie von Anfang bis Ende in ihrem Handeln sind oder weil die Handlung ihre ist. Quelle: „Theorie der Befreiung“ von Christoph Menke

Von Hans Klumbies

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