„Solange ich atme, hoffe ich.“

Der 26. Band des Philosophicums Lech mit dem Titel „Alles wird gut“ handelt von der Hoffnung. Konrad Paul Liessmann beginnt seinen Beitrag mit einer alten Weisheit: „Solange ich atme, hoffe ich.“ Diese Sentenz gehört wahrscheinlich zu den meistzitierten Sätzen der Antike. Sie wird gemeinhin Marcus Tullius Cicero zugeschrieben. Wer hofft, ist in unruhiger Erwartung im Hinblick auf ein kommendes Ereignis. Die innere Bewegtheit der Hoffnung zeigt an, dass diese prinzipiell zukunftsgerichtet ist. Konrad Paul Liessmann fügt hinzu: „Hoffnung ist eine Form, sich emotional auf ein positiv gedachtes Zukünftiges einzustellen. Das Gegenteil ist die Furcht.“ Hoffen hat zudem eine soziale Komponente. Man kann für sich selbst etwas erhoffen; und man kann hoffen, dass einem anderen Menschen eine gute Zeit bevorsteht, sein Unternehmen gelingt, seine Wünsche sich erfüllen.

Es gibt immer denkbare Möglichkeiten für eine bessere Welt

Für den Soziologen Harald Welzer ist Hoffnung eine Falle. Sein Text handelt von der Psychopathologie des wunschgetriebenen Handelns. Bei der Hoffnung handelt es sich seiner Meinung nach um eine psychologische Kategorie, die ihrerseits bestimmt, wie Philosophen die Welt betrachten. Harald Welzer schreibt: „Hoffnung ist kategorial mithin nicht analytisch neutral, sondern positiv wie negativ immer am Werk, wenn man denkt. Sie kann also hilfreich sein. Oder trügerisch.“

Der Beitrag der Kulturwissenschaftlerin Francesca Vidal trägt den Titel: „Vom Tagtraum zur Utopie oder über die Notwendigkeit, utopisch zu denken.“ Dass Hoffnung keine Zuversicht ist, spricht laut Francesca Vidal keineswegs gegen sie. Es spricht auch nicht gegen den Traum, dass am Ende des Prozesses der Geschichte nicht auch alles gut werden kann. Für die heute lebenden Menschen gibt es die Herausforderung, sich auf die Suche nach allen denkbaren Möglichkeiten für eine bessere Welt selbst unter den gegenwärtigen widrigen Bedingungen nicht beirren zu lassen.

Hoffen allein ist zu wenig!

Der Historiker Philipp Blom vertritt die These, dass es heute tatsächlich viele Gründe zu verzweifeln gibt. Adam Tooze prägte das Wort Polykrise, um die ineinander verzahnten und aktuellen Katastrophen zu beschreiben, die besondere Bedrohung darstellen. Philipp Blom stellt fest: „Aktivist:innen, die verzweifelt gegen die Symbole des fossilen Kapitalismus kämpfen, sehen sich als letzte Generation, sprechen auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse von der Auslöschung der Menschheit.“

Wird wirklich alles gut? Die Biochemikerin Renée Schröder beantwortet diese Frage wie folgt: „Ich meine wohl, dass nur dann alles gut wird, wenn wir sinnvoll handeln und lustvoll an sinnvollen Lösungen arbeiten! Hoffen allein ist zu wenig!“ Was Menschen am dringlichsten brauchen, sind positive Bilder, die sie mit Freude erfüllen, wenn sie an einer besseren Zukunft arbeiten müssen. Es gibt einen globalen Konsens, an dem fast alle Menschen festhalten: Sie können ihre Zukunft gestalten.

Alles wird gut
Zur Dialektik der Hoffnung
Konrad Paul Liessmann (Hg.)
Verlag: Zsolnay
Broschierte Ausgabe: 254 Seiten, Auflage: 2024
ISBN: 978-3-552-07395-1, 26,00 Euro

Von Hans Klumbies

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