Die Freundschaft ist das höchste Vergnügen des Lebens

Eine eindrucksvolle Reihe von Philosophen – von den Hedonisten bis zu den Transzendentalisten – hat die Freundschaft als höchstes Vergnügen des menschlichen Lebens bewertet. Daniel Klein fügt hinzu: „Nicht den Sex, nicht irgendwelche Extremsportarten, ja nicht einmal das Aufsteigen einer originellen philosophischen Erkenntnis: einfach nur, einen sehr guten Freund zu haben.“ Epikur und Aristoteles dachten so, aber auch Michel de Montaigne und Francis Bacon, George Santayana und William James. Wenn man bedenkt, dass Philosophieren eine der introvertiertesten Beschäftigungen ist, die man sich überhaupt vorstellen kann, ist es schon faszinierend, dass alle diese Leute es so sehr schätzen, einen Gefährten zu haben. Daniel Klein, Jahrgang 1939, studierte Philosophie in Harvard. Zusammen mit Thomas Cathcart schrieb er „Platon und Schnabeltier gehen in eine Bar“, das in 26 Sprachen übersetzt wurde.

Eine hinterhältige Form der Freundschaft heißt „Grenzen setzen“

Vielleicht muss man ein einzelgängerischer Mensch sein, um die Freuden der Freundschaft so richtig würdigen zu können. Natürlich gibt es auch einige Philosophen, die eine zynische Sicht auf die Freundschaft pflegten. So schrieb beispielsweise François de La Rochefoucauld (1613 – 1680), der französische Meister der Maxime: „Was die Menschen Freundschaft nennen, ist nur eine Interessengemeinschaft, gegenseitige Rücksichtnahme und eine Austausch guter Dienste; kurz, es ist nur ein Handel, bei dem sich die Eigenliebe Gewinne verspricht.“

Ja, solche Beziehungen kennt fast jeder – Beziehungen, die am Ende mehr mit Manipulation zu tun hatten als mit Kameradschaft. In solchen Fällen werden Menschen als Mittel zum Zweck behandelt und waren nicht selbst der Zweck. Aber es gibt auch wahre, offene und vertrauensvolle Beziehungen. Eine hinterhältige Form von La Rochefoucaulds zynischer Bewertung der Freundschaft ist neuerdings groß in Mode. Sie nennt sich „Grenzen setzen“, und Psychoexperten von Phil McGraw bis hin zu den Herausgebern der Zeitschrift „Psychology Today“ schwören darauf.

In einer guten Freundschaft scheint die Zeit manchmal stehen zu bleiben

Daniel Klein erklärt: „Es geht darum, dass Sie bewusst Grenzen markieren sollen, um den Menschen, die Ihnen besonders nahe stehen, zu zeigen, was Sie mit ihnen und für sie zu tun bereit sind. Auf diese Weise würden Sie ihre Beziehungen nicht frustrieren oder verschleißen.“ Da stellen sich unwillkürlich folgende Fragen: Bis zu welchem Punkt soll man Opfer für die Freunde bringen? Wie weit soll man ihr Verhalten tolerieren? Und sogar: Worüber soll man miteinander sprechen? Kann man auf diese Weise wirklich gesündere und friedlichere Freundschaften pflegen. Daniel Klein glaubt das nicht.

Daniel Klein erzählt von seiner Freundschaft zu Thomas Cathcart: „Sollte ich unsere herrlichsten gemeinsamen Momente auswählen, so wären es jene Gelegenheiten, bei denen wir randvoll mit Albernheiten waren und uns gegenseitig so aufstachelten, dass am Ende nur noch zwei kichernde Deppen übrig blieben. Wir vertrauen einander so sehr, dass wir miteinander ernsthaft blöd sein können. Die reinsten Blödsäcke. Und inmitten all des Gelächters gibt es manchmal Augenblicke, da scheint die Zeit stehen zu bleiben und uns ein glückstrunkenes Rendezvous mit dem ewigen Jetzt zu gewähren.“ „Immer wenn ich den Sinn des Lebens gefunden habe, ist er schon wieder woanders“ von Daniel Klein

Von Hans Klumbies