Gute Lehrer werden oft als Störfaktor betrachtet

Was sind die Eigenschaften eines guten Lehrers? Andreas Salcher antwortet: „Wohl sich möglichst um das individuelle Talent jedes Schülers zu kümmern. Sich auch in der Freizeit ständig fortzubilden. Eltern zur Verfügung zu stehen, sich mit anderen Kollegen über Verbesserungen an der Schule auszutauschen und dann dem Direktor Vorschläge zu machen.“ Solche Lehrer, vor allem am Beginn ihrer Schullaufbahn, gibt es zahlreich und sie sind bei Schülern und Eltern schnell beliebt. Wie reagiert das österreichische Schulsystem auf solche Musterlehrer? Sie werden von weniger leistungsbereiten Direktoren eher als Störfaktor betrachtet, der Unruhe ins System bringt. Andere Lehrer empfinden sie als unkollegial und isoliert sie. Manch erfahrener Kollege unter vier Augen den wohlmeinenden Tipp, dass sie sich nicht selbst ausbeuten sollen. Dr. Andreas Salcher ist Unternehmensberater, Bestseller-Autor und kritischer Vordenker in Bildungsthemen.

Schulen haben keine Organisation

Die Erfahrungen von Andreas Salcher haben gezeigt, wie viel Angst vor allem bei Lehrern herrscht, sich öffentlich mit einer Meinung zu exponieren. Was sagt das über die Organisationskultur in Österreichs Schulen aus. Michael Mayer, Experte für Non-Profit-Organisationen, erläutert: „Schulen haben keine Organisation – die formale Struktur ist jenseits der Wahrnehmbarkeit. Ein Direktor – der wenig zu entscheiden hat – und manchmal über 100 Lehrer, die einsam und allein vor sich hin werken.

Die Schule hat laut Michael Mayer eben keine Hierarchie – außer zwischen Lehrern und Schülern. Damit gibt es keine Verantwortung, keine Unterstützung für die einzelnen Lehrer, keine Sanktionen für Fehlverhalten. So etwas ist vollkommen unsteuerbar und unbeeinflussbar. Es besteht nicht einmal die Möglichkeit, das Fehlen formaler Strukturen durch informelle Beziehungen zu kompensieren. Solange die Organisation der Schule so bleibt, ist jede Reform hinfällig.

Oft ist der Unterricht einfach nur langweilig

Mobbing gegen gute Lehrer passiert leider immer häufiger an Österreichs Schulen. Besonders leistungswillige Lehrer werden von ihren Kollegen regelrecht fertiggemacht. Bei vielen anderen Lehrern baut der Unterricht eher auf dem Prinzip der Langeweile auf. Diese Lehrer schließen einen Waffenstillstand mit ihren Schülern, indem sie „defensiv“ unterreichten. Ihr Unterricht wird zu einem Ritual. Dieses besteht darin, Arbeitsblätter auszufüllen sowie Definitionen und Jahreszahlen auswendig zu lernen und wiederzugeben.

Andreas Salcher kritisiert: „Alle orientieren sich schnell an der kleinsten geforderten Leistung und an der geringsten Anstrengung, jene zu erreichen. Unser Schulsystem protegiert leider gerade diesen Lehrertypus.“ Fast alle Schüler kommen durch, daher gibt es kaum Probleme mit den Eltern. Die Schüler lassen diese Art von Unterricht über sich ergehen und flüchten sich in ihre Traumwelten. Oder sie nutzen ihre Zeit, um Aufgaben abzuschreiben. Dieser Lehrertypus ist allerdings eine vom Aussterben bedrohte Gattung, da er durch eine Lernsoftware ersetzt werden kann – und auch sollte. Quelle: „Der talentierte Schüler und seine Feinde“ von Andreas Salcher

Von Hans Klumbies